Erster Teil - Allgemeine Vorschriften
Allgemeines
1 Anwendungsbereich
1Die Vollstreckungsanweisung gilt für das Vollstreckungsverfahren der Bundes- und Landesfinanzbehörden. In gerichtlichen Vollstreckungsverfahren ist die Vollstreckungsanweisung nicht anzuwenden.
2Die Vollstreckungsanweisung gilt namentlich für die Vollstreckung von
- Steuern einschließlich Zöllen und Abschöpfungen (§ 3 Abs. 1 AO) sowie Steuervergütungen,
- steuerlichen Nebenleistungen (§ 3 Abs. 4 AO),
- vom Vollstreckungsschuldner zurückzuzahlenden Beträgen, die ihm ohne rechtlichen Grund erstattet oder vergütet worden sind (§ 37 Abs. 2 AO),
- Geldbußen (§§ 377 bis 383, § 412 Abs. 2 AO),
- Ordnungsgeldern und
- Kosten des Bußgeldverfahrens (§ 412 Abs. 2 AO).
Für die Vollstreckung der in Satz 1 Nr. 4 bis 6 bezeichneten Geldleistungen gelten die Vorschriften der Vollstreckungsanweisung nur, soweit sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt (vgl. §§ 89 bis 104 OWiG i.V.m. § 412 Abs. 2 AO; Artikel 7, 8 und 9 Abs. 2 EGStGB).
3Über die Ausführung der Vollstreckung durch Vollziehungsbeamte enthält die allgemeine Verwaltungsvorschrift für Vollziehungsbeamte der Finanzverwaltung (Vollziehungsanweisung) nähere Bestimmungen.
2 Vollstreckungsbehörden
Vollstreckungsbehörden sind die Finanzämter und die Hauptzollämter sowie die Landesfinanzbehörden, denen durch eine Rechtsverordnung nach § 17 Absatz 2 Satz 3 Nummer 3 des Finanzverwaltungsgesetzes die landesweite Zuständigkeit für Kassengeschäfte und das Erhebungsverfahren einschließlich der Vollstreckung übertragen worden ist (§ 249 Absatz 1 Satz 3 der Abgabenordnung).
3 Vollstreckungsschuldner
1Als Vollstreckungsschuldner im Sinne dieser Bestimmungen gilt derjenige, gegen den sich ein Vollstreckungsverfahren tatsächlich richtet, unabhängig davon, ob seine Inanspruchnahme zu Recht erfolgt (§ 253 AO).
2Das Vollstreckungsverfahren kann sich auch gegen denjenigen richten, der kraft Gesetzes, zum Beispiel nach den §§ 69 bis 75 der Abgabenordnung, den § 2382 des Bürgerlichen Gesetzbuches, den §§ 25, 128 des Handelsgesetzbuches oder nach den Einzelsteuergesetzen, für eine Steuer haftet und durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen worden ist (§ 191 Abs. 1 AO). Wer sich auf Grund eines Vertrages verpflichtet hat, für die Steuer eines anderen einzustehen, kann nur nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts in Anspruch genommen werden (§ 192 AO).
3Vollstreckungsschuldner ist auch derjenige, der kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden und durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen worden ist (§§ 77, 191 Abs. 1 AO); zum Beispiel Ehegatten und Lebenspartner (Abschnitt 27), Nießbraucher (Abschnitt 28), Erben (Abschnitte 29 bis 31) und Rechtsnachfolger im Sinne des § 323 der Abgabenordnung.
Vollstreckbarkeit von Verwaltungsakten
4 Vollstreckbarkeit von Verwaltungsakten
Verwaltungsakte können vollstreckt werden, soweit nicht ihre Vollziehung ausgesetzt ist (§ 251 Abs. 1 AO). In Insolvenzverfahren (Abschnitt 57 bis 64) ist § 251 Abs. 2, 3 der Abgabenordnung zu beachten.
Einstellung, Beschränkung, Aufhebung und Unbilligkeit der Vollstreckung
5 Einstellung und Beschränkung der Vollstreckung
1Die Vollstreckung ist nach § 257 der Abgabenordnung einzustellen oder zu beschränken, sobald
- die Vollstreckbarkeitsvoraussetzung des § 251 Abs. 1 der Abgabenordnung weggefallen ist,
- der Verwaltungsakt, aus dem vollstreckt wird, aufgehoben wird,
- der Anspruch auf die Leistung erloschen ist, zum Beispiel durch Zahlung, Aufrechnung, Erlass, Verjährung (§ 47 AO),
- die Leistung gestundet worden ist (§ 222 AO).
2In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 sind bereits getroffene Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben. Ist der Verwaltungsakt durch eine gerichtliche Entscheidung aufgehoben worden, so gilt dies nur, soweit die Entscheidung unanfechtbar geworden ist und nicht auf Grund der Entscheidung ein neuer Verwaltungsakt zu erlassen ist. Ist die Leistung gestundet oder die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ausgesetzt worden, bleiben die Vollstreckungsmaßnahmen bestehen, soweit nicht ihre Aufhebung ausdrücklich angeordnet oder die Rückwirkung der Aufhebung der Vollziehung verfügt worden ist. Bleiben Vollstreckungsmaßnahmen bestehen, unterbleiben für die Dauer einer Stundung oder Aussetzung der Vollziehung weitere Maßnahmen zur Durchführung der Vollstreckung, wie zum Beispiel die Verwertung gepfändeter Sachen.
3Ist die Aufteilung einer Gesamtschuld nach den §§ 268 bis 280 der Abgabenordnung beantragt worden, dürfen Vollstreckungsmaßnahmen, solange über den Antrag durch die für die Steuerfestsetzung zuständige Stelle nicht unanfechtbar entschieden worden ist, nur insoweit durchgeführt werden, als dies zur Sicherung des Anspruchs erforderlich ist. Sicherungsmaßnahmen können gegen jeden der Schuldner wegen des Gesamtanspruchs ergriffen werden. Nach der Aufteilung darf die Vollstreckung nur nach Maßgabe der auf die einzelnen Schuldner entfallenden Beträge durchgeführt werden (§ 278 Abs. 1 AO), soweit nicht nach § 278 Abs. 2 der Abgabenordnung eine weitergehende Inanspruchnahme möglich ist.
4Hat der Vollstreckungsschuldner wegen Rückständen, die der Vollstreckungsstelle bereits mitgeteilt worden sind, Stundung (§ 222 AO), Erlass (§ 227 AO) oder Aussetzung der Vollziehung (§ 361 AO, § 69 Abs. 2 FGO) beantragt, soll über die Anträge unverzüglich entschieden werden. Die für die Entscheidung über den Antrag zuständige Stelle soll die Vollstreckungsstelle über das Vorliegen des Antrags unterrichten - soweit der Antrag der Vollstreckungsstelle nicht bereits bekannt ist - und sich zu den Erfolgsaussichten des Antrags äußern. Hat der Vollstreckungsschuldner bei Gericht Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt (§ 69 Abs. 3, § 114 FGO), hat die Vollstreckungsstelle mit dem Gericht wegen des weiteren Vorgehens Verbindung aufzunehmen. Die Vollstreckungsstelle hat sodann zu entscheiden, ob Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet oder bereits begonnene Vollstreckungsverfahren eingestellt, beschränkt oder fortgeführt werden sollen. Das Vollstreckungsverfahren ist einzuleiten oder fortzuführen, wenn die Anträge aussichtslos erscheinen, wenn sie offensichtlich nur den Zweck verfolgen, das Vollstreckungsverfahren hinauszuschieben oder wenn Gefahr im Verzug besteht; entsprechendes gilt, wenn bei Gericht Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt worden ist (§§ 69, 114 FGO).
6 Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen
1Soweit nach Abschnitt 5 Abs. 2 bereits getroffene Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben sind, ist im Einzelnen wie folgt zu verfahren:
- Pfändungen (Sachpfändungen, Pfändungen von Forderungen und anderen Vermögensrechten) sind aufzuheben.
- Ist dem Vollziehungsbeamten Vollstreckungsauftrag erteilt worden (vgl. Abschnitt 34), ist er anzuweisen, keine weiteren Vollstreckungsmaßnahmen mehr zu ergreifen.
- Der Antrag auf Eintragung einer Sicherungshypothek (Abschnitte 45 bis 47) ist durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt zurückzunehmen, wenn die Sicherungshypothek noch nicht eingetragen ist (§§ 29, 31 GBO). Ist die Sicherungshypothek bereits eingetragen, bleibt es dem Grundstückseigentümer überlassen, das Grundbuch berichtigen zu lassen. Dem Vollstreckungsschuldner oder einem anderen Berechtigten, zum Beispiel einem Dritten, auf den durch Entrichtung des beizutreibenden Betrages der Anspruch des Gläubigers gemäß §§ 268, 1150 des Bürgerlichen Gesetzbuches übergegangen ist, ist eine Zahlungsbestätigung und löschungsfähige Quittung oder Löschungsbewilligung zu erteilen.
- Der Antrag auf Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung (Abschnitte 45 bis 48) ist durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Vollstreckungsgericht, durch mündliche Erklärung im Versteigerungstermin (zur Aufnahme in die Sitzungsniederschrift) oder zu Protokoll des Urkundsbeamten des Vollstreckungsgerichts zurückzunehmen. Der Antrag auf Zwangsversteigerung kann bis zur Erteilung des Zuschlags, der Antrag auf Zwangsverwaltung kann jederzeit zurückgenommen werden. Der Insolvenzantrag (Abschnitt 58) ist - im Hinblick auf die Kostenfolge (§ 91a ZPO) - schriftlich gegenüber dem Insolvenzgericht für erledigt zu erklären. Der Insolvenzantrag kann nicht mehr für erledigt erklärt werden, wenn das Gericht den Beschluss über die Eröffnung verkündet, einem Beteiligten zugestellt oder öffentlich bekannt gemacht hat. Bei Erlöschen des Anspruchs durch Zahlung wird auf § 14 Absatz 1 Satz 2 der Insolvenzordnung sowie § 14 Absatz 3 der Insolvenzordnung hingewiesen.
2Sind die Voraussetzungen für eine Aufhebung oder Beschränkung der Vollstreckung nur zum Teil gegeben, so sind die Vollstreckungsmaßnahmen entsprechend zu beschränken. In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 ist ein Eintragungsantrag immer zurückzunehmen, wenn der verbleibende Betrag siebenhundertfünfzig Euro nicht übersteigt (vgl. § 866 Abs. 3 ZPO).
7 Unbilligkeit der Vollstreckung
1Soweit im Einzelfall die Vollstreckung unbillig ist, kann die Vollstreckungsbehörde die Vollstreckung über die in den Abschnitten 5, 6 gezogenen Grenzen hinaus einstweilen einstellen, beschränken oder eine Vollstreckungsmaßnahme aufheben (§ 258 AO). Die Entscheidung hierüber ist von der Vollstreckungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 5 AO) zu treffen. Die Einstellung oder Beschränkung ist nicht von einem Antrag des Vollstreckungsschuldners abhängig.
2Unbilligkeit im Sinne des Absatzes 1 ist anzunehmen, wenn die Vollstreckung oder eine einzelne Vollstreckungsmaßnahme dem Vollstreckungsschuldner einen unangemessenen Nachteil bringen würde, der durch kurzfristiges Zuwarten oder durch eine andere Vollstreckungsmaßnahme vermieden werden könnte. Nachteile, die üblicherweise mit der Vollstreckung oder der einzelnen Vollstreckungsmaßnahme verbunden sind, begründen keine Unbilligkeit.
3Bei Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 sind grundsätzlich Säumniszuschläge weiter zu erheben. Wird die Maßnahme dem Vollstreckungsschuldner mitgeteilt, so ist er hierauf hinzuweisen.
Vollstreckungsersuchen
8 Amtshilfe
1Wird die Ausführung von Vollstreckungsmaßnahmen außerhalb der örtlichen Zuständigkeit der Vollstreckungsbehörde erforderlich, so ist die örtlich zuständige Vollstreckungsbehörde um die Durchführung zu ersuchen. Das gleiche gilt für Maßnahmen, die nicht Vollstreckungshandlungen sind, aber mit der Vollstreckung im Zusammenhang stehen, zum Beispiel die Vernehmung von Auskunftspersonen. Unberührt bleiben die Vorschriften der §§ 111 bis 115 der Abgabenordnung über die Rechts- und Amtshilfe sowie entsprechende bundes- und landesrechtliche Regelungen, soweit Geldleistungen, die nicht auf Grund von Steuergesetzen gefordert werden, von den Finanzämtern, den Hauptzollämtern oder den Landesfinanzbehörden, denen durch eine Rechtsverordnung nach § 17 Absatz 2 Satz 3 Nummer 3 des Finanzverwaltungsgesetzes die landesweite Zuständigkeit für Kassengeschäfte und das Erhebungsverfahren einschließlich der Vollstreckung übertragen worden ist, als Vollstreckungsbehörden zu vollstrecken sind.
2Amtshilfe kommt regelmäßig in Betracht, wenn in bewegliche Sachen außerhalb der örtlichen Zuständigkeit der Vollstreckungsbehörde vollstreckt werden soll. Bei der Vollstreckung in Forderungen, andere Vermögensrechte und in das unbewegliche Vermögen soll um Amtshilfe nur ersucht werden, wenn dies nach Sachlage geboten erscheint.
3Bei Gefahr im Verzug kann die Vollstreckungsbehörde auch ohne Ersuchen tätig werden. Die örtlich zuständige Vollstreckungsbehörde ist hiervon unverzüglich zu unterrichten (§ 29 AO).
4Das Ersuchen um Amtshilfe soll von der Vollstreckungsbehörde schriftlich gestellt werden. Bei Gefahr im Verzug kann das Ersuchen auch mündlich erfolgen. In diesem Fall ist das Ersuchen jedoch unverzüglich schriftlich zu bestätigen. Das Ersuchen kann auf eine bestimmte genau zu bezeichnende Maßnahme beschränkt werden. Wird das Ersuchen lediglich aus Zweckmäßigkeitsgründen gestellt, ist dies besonders zu begründen. Im Übrigen soll das Ersuchen die in Abschnitt 34 Abs. 2 Nr. 1 bis 8 und 11 genannten Angaben enthalten. Die Vollstreckbarkeit des Anspruchs ist zu bestätigen.
5Vollstreckungsersuchen der Vollstreckungsbehörden sollen nicht gestellt werden, wenn die Summe der rückständigen Beträge weniger als sechsunddreißig Euro beträgt.
9 Ausführung von Vollstreckungsersuchen
1Soweit eine Vollstreckungsbehörde auf Ersuchen einer anderen Vollstreckungsbehörde Vollstreckungsmaßnahmen ausführt, tritt sie an die Stelle der anderen Vollstreckungsbehörde. Die ersuchte Vollstreckungsbehörde hat die Vollstreckung im eigenen Namen zu betreiben. Pfändungspfandrechte werden von der Körperschaft erworben, der die ersuchte Vollstreckungsbehörde angehört. Für die Vollstreckbarkeit des Anspruchs bleibt die ersuchende Vollstreckungsbehörde verantwortlich (§ 250 Abs. 1 AO). Sind die Voraussetzungen für eine Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung nach Abschnitt 5 gegeben, ist dies der ersuchten Vollstreckungsbehörde unverzüglich mitzuteilen.
2Hält sich die ersuchte Vollstreckungsbehörde für unzuständig oder hält sie die Handlung, um die sie ersucht worden ist, für unzulässig oder unzweckmäßig, teilt sie ihre Bedenken der ersuchenden Vollstreckungsbehörde mit. Kommt zwischen den Vollstreckungsbehörden eine Einigung nicht zustande, entscheidet die Aufsichtsbehörde der ersuchten Vollstreckungsbehörde (§ 250 Abs. 2 AO). Steht zweifelsfrei fest, dass für die Durchführung des Vollstreckungsersuchens eine andere als die ersuchte Vollstreckungsbehörde zuständig ist, ist das Vollstreckungsersuchen an die zuständige Vollstreckungsbehörde weiterzuleiten. Die ersuchende Vollstreckungsbehörde ist über die Abgabe zu unterrichten.
10 Zwischenstaatliche Vollstreckungshilfe
Die Erledigung zwischenstaatlicher Rechts- und Amtshilfeersuchen ist in § 117 der Abgabenordnung geregelt. Vollstreckungsersuchen anderer Staaten sind nach den Vorschriften der Abgabenordnung zu erledigen, soweit die Voraussetzungen für die Gewährung von Amtshilfe gegeben sind.
Einwendungen gegen die Vollstreckung, Rechtsbehelfe
11 Einwendungen gegen die Vollstreckung
1Die Durchführung der Vollstreckung wird nicht dadurch gehindert, dass der Vollstreckungsschuldner Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Verwaltungsakt, zum Beispiel gegen die Steuerfestsetzung erhebt. Einwendungen dieser Art sind außerhalb des Vollstreckungsverfahrens mit den hierfür zugelassenen Rechtsbehelfen zu verfolgen (§ 256 AO).
2Bei Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Vollstreckung selbst ist die Vollstreckung gegebenenfalls nach Maßgabe des Abschnitts 5 einzustellen oder zu beschränken, wenn die Voraussetzungen hierfür nachgewiesen werden. Kann der Nachweis nicht geführt werden, ist die Vollstreckung in der Regel fortzusetzen. Der Vollstreckungsschuldner kann gegebenenfalls außerhalb des Vollstreckungsverfahrens den Erlass eines Verwaltungsaktes nach § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung beantragen.
3Absatz 2 gilt entsprechend, wenn der Steuerpflichtige gegen den zu vollstreckenden Anspruch die Aufrechnung erklärt. Die Aufrechnung ist nur zulässig mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten fälligen Gegenansprüchen (§ 226 Abs. 3 AO). Das Erfordernis der Kassengleichheit (§ 395 BGB) findet keine Anwendung. Besteht keine Kassengleichheit, ist die Behörde, die den geschuldeten Betrag auszuzahlen hat, um Auskunft zu ersuchen, ob der Anspruch des Steuerpflichtigen unbestritten oder rechtskräftig festgestellt und fällig ist. Will der Steuerpflichtige mit einer noch nicht fälligen, aber in Kürze fällig werdenden Gegenforderung aufrechnen, ist in der Regel zu prüfen, ob die Vollstreckung einstweilen einzustellen oder zu beschränken ist (vgl. Abschnitt 7). Wegen der Aufrechnung gegenüber dem Steuerpflichtigen wird auf Abschnitt 22 Abs. 4 hingewiesen.
4Ist die Vollziehung des Verwaltungsaktes gegen Sicherheitsleistung ausgesetzt, ist die Vollstreckung in der Regel erst einzustellen oder zu beschränken, wenn die Leistung der Sicherheit nachgewiesen ist.
12 Rechtsbehelfsverfahren
1Bei Streitigkeiten wegen Vollstreckungsmaßnahmen sind die Rechtsbehelfe der Abgabenordnung und der Finanzgerichtsordnung gegeben, soweit nichts anderes bestimmt ist.
2Rechtsbehelf gegen Maßnahmen der Vollstreckung ist vorbehaltlich des Abschnitts 13 der Einspruch (§ 347 AO). Er ist unzulässig vor Beginn und nach Beendigung der Vollstreckungsmaßnahme, gegen die er sich richtet. Auf die Bestimmungen der Abschnitte 22 Abs. 5 und 34 Abs. 5 Satz 2 wird hingewiesen.
3Zur Einlegung des Einspruchs ist nur befugt, wer geltend macht, durch eine Vollstreckungsmaßnahme beschwert zu sein. Durch Einlegung des Einspruchs wird die Vollstreckung vorbehaltlich des Abschnitts 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 nicht gehemmt.
13 Rechte Dritter
1Über Einwendungen Dritter nach §§ 262, 293 der Abgabenordnung hat die Vollstreckungsstelle unverzüglich zu entscheiden. Gibt die Vollstreckung den Einwendungen nicht statt, soll sie auf die Möglichkeit der Klage vor den ordentlichen Gerichten hinweisen.
2Für die Klage ist ausschließlich das ordentliche Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Vollstreckung erfolgt (§ 262 Abs. 3 AO). Bei der Pfändung einer Forderung oder eines sonstigen Vermögensrechts richtet sich die Zuständigkeit nach dem Sitz der pfändenden Vollstreckungsbehörde. Bei der Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen ist das Gericht der belegenen Sache zuständig.
3Die Vollstreckung wird durch Einwendungen und durch Klage nach Absatz 1 und 2 nicht gehemmt. Das Prozessgericht kann die Einstellung der Vollstreckung und die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen nach §§ 769, 770 der Zivilprozessordnung einstweilig anordnen (§ 262 Abs. 2 AO).
4Besteht das Recht des Dritten in einem Pfand- oder Vorzugsrecht an einer Sache, die nicht in seinem Besitz ist, kann er der Pfändung nicht widersprechen, sondern lediglich vorzugsweise Befriedigung verlangen (§ 293 AO). Macht der Pfandberechtigte sein Recht gegenüber der Vollstreckungsstelle geltend, ist entsprechend Absatz 1 zu verfahren. Die Vollstreckung ist auch dann fortzusetzen, wenn der Dritte seinen Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung im Wege der Klage geltend macht. Für die Klage auf vorzugsweise Befriedigung ist das ordentliche Gericht zuständig, in dessen Bezirk gepfändet worden ist (§ 293 Abs. 2 AO).
Niederschlagung
14 Niederschlagung
1Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 der Abgabenordnung) sollen niedergeschlagen werden, wenn zu erwarten ist, dass
- die Erhebung keinen Erfolg haben wird (§ 261 Nummer 1 der Abgabenordnung) oder
- die Kosten der Erhebung außer Verhältnis zu dem zu erhebenden Betrag stehen werden (§ 261 Nummer 2 der Abgabenordnung).
Dies gilt auch für Ordnungsgelder sowie für Kosten auf Grund von Bescheiden der Finanzbehörden im Bußgeldverfahren (§ 412 Absatz 2, 3 der Abgabenordnung).
2Die Niederschlagung ist eine verwaltungsinterne Maßnahme der Vollstreckungsbehörde; sie führt nicht zum Erlöschen der Ansprüche. Bis zum Erlöschen des Anspruchs (§ 47 AO) ist seine jederzeitige Geltendmachung möglich.
3Die Niederschlagung soll dem Vollstreckungsschuldner nicht mitgeteilt werden. Wird sie dennoch mitgeteilt, soll zum Ausdruck gebracht werden, dass die Niederschlagung nicht die Wirkung einer Stundung oder eines Erlasses hat.
15 Entscheidung über die Niederschlagung
1Ob die Kosten der Erhebung außer Verhältnis zum niederzuschlagenden Betrag stehen, ist nach den Verhältnissen des Einzelfalles zu entscheiden. Im Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass die Kosten der Erhebung außer Verhältnis zu dem geschuldeten Betrag stehen, wenn
- die Summe der rückständigen Beträge weniger als sechsunddreißig Euro beträgt, es sei denn, der Vollstreckungsauftrag kann zusammen mit Vollstreckungsaufträgen gegen andere Vollstreckungsschuldner ohne übermäßigen Zeitaufwand ausgeführt werden,
- die Summe der rückständigen Beträge weniger als zweihundertfünfzig Euro beträgt, die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen durch den Vollziehungsbeamten erfolglos verlaufen ist und andere Vollstreckungsmöglichkeit, zum Beispiel Lohn- oder Kontenpfändungen, auch nach Auswertung der Steuerakten, nicht ersichtlich sind,
- die Summe der rückständigen Beträge weniger als zweihundertfünfzig Euro beträgt, der Vollstreckungsschuldner aber unbekannt verzogen ist, Aufenthaltsermittlungen bei den zuständigen Behörden erfolglos verlaufen sind und im Übrigen auch keine Vollstreckungsmöglichkeiten nach Nummer 2 bestehen.
2Erkennt die Vollstreckungsbehörde, dass die Erhebung keinen Erfolg haben wird, zum Beispiel wegen Zahlungsunfähigkeit des Vollstreckungsschuldners oder weil der Vollstreckungsschuldner unbekannt verzogen ist und Aufenthaltsermittlungen erfolglos geblieben sind, soll die Prüfung, ob andere Personen den rückständigen Betrag schulden oder dafür haften, möglichst frühzeitig veranlasst werden. Die Niederschlagung ist erst zu verfügen, wenn zu erwarten ist, dass die rückständigen Beträge weder vom Vollstreckungsschuldner noch von einem Dritten eingezogen werden können. Nach der Eröffnung eines Verfahrens nach der Insolvenzordnung sind Abgabenforderungen, soweit es sich um Insolvenzforderungen handelt, mit Überwachung niederzuschlagen; die Prüfung der Inanspruchnahme Dritter bleibt unberührt.
3Die Niederschlagung bedarf der Genehmigung der vorgesetzten Finanzbehörde, wenn der niedergeschlagene Betrag die von den obersten Finanzbehörden festgesetzte Grenze überschreitet oder die Genehmigung aus sonstigen Gründen der vorgesetzten Finanzbehörde vorbehalten ist. Der Genehmigungsvorbehalt gilt nicht für Niederschlagungen im Sinne des Absatzes 2 Satz 3.
4Der Grund für die Niederschlagung ist festzuhalten.
16 Anzeige der Niederschlagung
Die Vollstreckungsstelle hat die Kasse, bei der die niedergeschlagenen Beträge zum Soll stehen, von der Niederschlagung zu unterrichten. Im automatisierten Verfahren ist die Niederschlagung der Datenerfassungsstelle zur Datenerfassung mitzuteilen; diese Mitteilung entfällt, wenn der Rückstand in einem vereinfachten maschinellen Verfahren niedergeschlagen worden ist. Die Veranlagungs- oder Festsetzungsstelle ist mit Ausnahme der Fälle des Abschnitts 15 Abs. 1 Satz 2 ebenfalls über die Niederschlagung in Kenntnis zu setzen. Im Bereich der Zollverwaltung gilt die in Satz 3 enthaltene Ausnahmeregelung grundsätzlich nicht. Bei der Niederschlagung von Kraftfahrzeugsteuer ist eine Mitteilung an die Festsetzungsstelle nicht erforderlich.
17 Überwachung der Niederschlagung
1In Fällen der Niederschlagung wegen mangelnder Erfolgsaussicht der Vollstreckung hat die Vollstreckungsstelle - insbesondere bei größeren Rückständen - stichprobenweise vor dem Eintritt der Verjährung die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Vollstreckungsschuldners zu prüfen (Abschnitt 20 Abs. 2), gegebenenfalls die Verjährung durch Maßnahmen nach § 231 der Abgabenordnung zu unterbrechen und die Vollstreckung fortzusetzen. Das Ergebnis der Prüfung ist in geeigneter Form festzuhalten. Auf eine Überwachung kann verzichtet werden, sobald feststeht, dass mit einer künftigen Realisierung der Ansprüche mit Sicherheit nicht mehr zu rechnen ist, z.B. im Falle des Nachlassinsolvenzverfahrens oder der aufgelösten Gesellschaft ohne Haftungsschuldner.
2Zahlungen auf niedergeschlagene Rückstände sollen auf der Rückstandsanzeige oder auf der Niederschlagungsverfügung vermerkt werden, sofern ihre Berücksichtigung nicht in anderer Form sichergestellt ist.
Vollstreckung gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts
18 Vollstreckung gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts
1Gegen den Bund oder ein Land ist die Vollstreckung nicht zulässig (§ 255 Abs. 1 Satz 1 AO).
2Gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts, die der Staatsaufsicht unterliegen, zum Beispiel Gemeinden, Gemeindeverbände, Handels- und Handwerkskammern und Sozialversicherungsträger, ist die Vollstreckung nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde des Vollstreckungsschuldners zulässig. Die Aufsichtsbehörde bestimmt den Zeitpunkt der Vollstreckung und die Vermögensgegenstände, in die vollstreckt werden kann (§ 255 Abs. 1 Satz 2 und 3 AO).
3Ist der Vollstreckungsstelle ein Rückstand angezeigt worden, der von einem der in Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1 genannten Schuldner zu entrichten ist, wendet sich die Vollstreckungsstelle zunächst an die Stelle, der es obliegt, zur Zahlung des Rückstands Anweisung zu erteilen. Wird dabei kein Einvernehmen erreicht, berichtet die Vollstreckungsstelle hierüber der vorgesetzten Finanzbehörde. Diese versucht sodann, gegebenenfalls durch Einschaltung der obersten Finanzbehörde, zu einer Regelung der Angelegenheit zu gelangen.
4Gegenüber öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten gelten die Beschränkungen der Absätze 2 und 3 nicht (§ 255 Abs. 2 AO).
Zweiter Teil - Anordnung und Durchführung der Vollstreckung
Allgemeines
19 Voraussetzungen für den Beginn der Vollstreckung
1Soweit nichts anderes bestimmt ist, darf die Vollstreckung nach § 254 Abs. 1 der Abgabenordnung erst beginnen, wenn die Leistung fällig ist, der Vollstreckungsschuldner zur Leistung aufgefordert worden (Leistungsgebot) und seit der Aufforderung mindestens eine Woche verstrichen ist. Der Erlass des Leistungsgebotes ist keine Maßnahme der Vollstreckung; es wird regelmäßig mit dem zu vollstreckenden Verwaltungsakt verbunden. Ein besonderes Leistungsgebot ist jedoch dann erforderlich, wenn der Verwaltungsakt gegen den Rechtsnachfolger wirkt, ohne ihm bekannt gegeben zu sein (§ 254 i.V.m. § 45 AO); dies gilt nicht im Fall der Vollstreckung nach Abschnitt 30 Abs. 2. Hat der Vollstreckungsschuldner eine von ihm auf Grund einer Steueranmeldung geschuldete Leistung nicht erbracht, ist weder ein Leistungsgebot noch die Einhaltung der Wochenfrist erforderlich.
2Ein Leistungsgebot wegen der Säumniszuschläge, Zinsen und Vollstreckungskosten ist nicht erforderlich, wenn sie zusammen mit dem Hauptanspruch beigetrieben werden (§ 254 Abs. 2 AO).
3Vollstreckungsmaßnahmen sind nicht deshalb unzulässig, weil eine nach § 259 der Abgabenordnung gebotene Mahnung unterblieben oder vor Ablauf der Mahnfrist mit der Vollstreckung begonnen worden ist.
20 Vorbereitung der Vollstreckung
1Nach Eingang der Rückstandsanzeige prüft die Vollstreckungsstelle, ob und welche Vollstreckungsmaßnahmen ergriffen werden sollen.
2Zur Vorbereitung der Vollstreckung können die Finanzbehörden die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Vollstreckungsschuldners ermitteln (§ 249 Abs. 2 Satz 1 AO); §§ 85 bis 107 und §§ 111 bis 117 der Abgabenordnung sind insoweit anwendbar. Unter den Voraussetzungen des § 93 der Abgabenordnung können auch Dritte und Vorlagepflichtige zur Auskunft herangezogen werden. Zur Ermittlung der Vermögens- und Einkommensverhältnisse kann die Vollstreckungsstelle auch die Durchführung einer Außenprüfung anregen (§§ 193 bis 203 AO) oder gegebenenfalls die Steuerfahndung oder Zollfahndung um Mitwirkung ersuchen (§ 208 Abs. 2 Nr. 1 AO).
3Werden nichtsteuerliche Geldleistungen vollstreckt, darf die Finanzbehörde alle ihr bekannt gewordenen und nach § 30 der Abgabenordnung geschützten Daten verwenden (§ 249 Abs. 2 Satz 2 AO). Soweit die Finanzbehörde zur Vorbereitung der Vollstreckung Ermittlungen auf Grund außersteuerlicher Rechtsvorschriften durchführt, stehen ihr die Ermittlungsbefugnisse nach Absatz 2 nicht zur Verfügung.
4Die Vollstreckung soll nicht versucht werden, wenn sie nach den Vermögens- und Einkommensverhältnissen des Vollstreckungsschuldners aussichtslos erscheint. Die Vollstreckungsstelle kann in geeigneten Fällen vom Vollstreckungsschuldner die Vorlage eines Vermögensverzeichnisses verlangen.
21 Anfechtung außerhalb des Insolvenzverfahrens
1Erlangt die Finanzbehörde Kenntnis von Vermögensübertragungen durch den Steuerpflichtigen auf Dritte, so ist die Anfechtung der zugrunde liegenden Rechtshandlungen nach dem Gesetz über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens (AnfG) zu prüfen. Bestehen keine fälligen Ansprüche, ist zu prüfen, ob Leistungsgebote als Voraussetzung für das Anfechtungsverfahren zu erlassen sind.
2Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis erfolgt durch Duldungsbescheid (§ 191 AO in Verbindung mit den Vorschriften des Anfechtungsgesetzes), soweit sie nicht einredeweise (§ 9 AnfG) geltend zu machen ist. Durch Duldungsbescheid kann auch Wertersatz gefordert werden (Hinweise auf §§ 812 ff. BGB), wenn der Dritte nicht in der Lage ist, der Vollstreckungsbehörde den erhaltenen Gegenstand zur Verfügung zu stellen.
22 Anordnung der Vollstreckung
1Vor Anordnung der Vollstreckung hat die Vollstreckungsstelle, soweit dies nach dem Inhalt der Rückstandsanzeige oder des der Vollstreckungsstelle zugeleiteten Leistungsgebotes möglich ist, zu prüfen,
- ob dem Vollstreckungsschuldner das Leistungsgebot bekannt gegeben und seit der Bekanntgabe mindestens eine Woche verstrichen ist,
- ob die Leistung fällig und
- ob der Vollstreckungsschuldner gemahnt oder vor Eintritt der Fälligkeit an die Zahlung erinnert worden ist.
Bei der Vollstreckung von Geldbußen und Kosten des Bußgeldverfahrens (Abschnitt 1 Abs. 2 Nr. 4 und 6) ist außerdem zu prüfen, ob die Rechtskraft eingetreten ist. Führt die Prüfung zu Beanstandungen, hat sich die Vollstreckungsstelle mit der Kasse oder der für den Erlass des Leistungsgebotes zuständigen Stelle (Veranlagungsstelle, Festsetzungsstelle) in Verbindung zu setzen.
2Stellt die Vollstreckungsstelle fest, dass ein nach Abschnitt 19 erforderliches Leistungsgebot dem Vollstreckungsschuldner nicht bekannt gegeben worden ist, holt sie die Bekanntgabe nach oder ersucht die Veranlagungs- oder Festsetzungsstelle um Bekanntgabe des Leistungsgebots. Ist die Mahnung unterblieben, soll die Vollstreckungsstelle sie nachholen, wenn zu erwarten ist, dass sich dadurch Vollstreckungsmaßnahmen erübrigen.
3Ergibt die Prüfung nach Absatz 1, dass die Voraussetzungen für den Beginn der Vollstreckung gegeben sind, ordnet die Vollstreckungsstelle die Vollstreckung durch Erlass der Pfändungsverfügung, Erteilung des Vollstreckungsauftrages oder Einleitung sonstiger Vollstreckungsmaßnahmen an. Eine besondere Anordnungsverfügung wird in der Regel nicht erlassen.
4Die Vollstreckung soll nicht angeordnet werden, wenn mit der zu vollstreckenden Forderung gegen Ansprüche des Vollstreckungsschuldners aufgerechnet werden kann; der Grundsatz der Kassengleichheit (§ 395 BGB) und das Erfordernis des Unbestrittenseins oder der rechtskräftigen Feststellung der Forderung des Vollstreckungsschuldners gilt insoweit nicht. Gegen Ansprüche des Vollstreckungsschuldners, die von der Kasse einer anderen Finanzbehörde oder von einer anderen öffentlichen Kasse zu begleichen sind, soll eine Aufrechnung nur erklärt werden, wenn die Kasse, die den geschuldeten Betrag auszuzahlen hat, nicht mit eigenen Gegenforderungen aufrechnen kann. Die Aufrechnung ist schriftlich zu erklären. In der Aufrechnungserklärung sind die Ansprüche, die gegeneinander aufgerechnet werden, nach Grund und Betrag genau zu bezeichnen. Je eine Ausfertigung der Aufrechnungserklärung ist dem Vollstreckungsschuldner und den beteiligten Kassen zu übersenden.
5Die Anordnung der Vollstreckung ist eine verwaltungsinterne - nicht anfechtbare - Maßnahme, die dem Vollstreckungsschuldner nicht bekannt gegeben wird. Die Vollstreckungsstelle kann jedoch aus Gründen der Zweckmäßigkeit dem Vollstreckungsschuldner ankündigen, dass demnächst Vollstreckungsmaßnahmen ergriffen werden, wenn damit zu rechnen ist, dass er daraufhin leisten wird; auch gegen diese Ankündigung ist kein förmlicher Rechtsbehelf gegeben.
23 Einleitung der Vollstreckung
1Mit Einleitung der Vollstreckung hat die Vollstreckungsstelle zu entscheiden, welche Maßnahmen ergriffen werden sollen. In Betracht kommen folgende Möglichkeiten:
- Die Vollstreckungsstelle führt die Vollstreckung selbst aus (Abschnitt 25; zum Beispiel Vollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte).
- Die Vollstreckungsstelle beauftragt den Vollziehungsbeamten, die Vollstreckung auszuführen (Abschnitte 24, 34; zum Beispiel Vollstreckung in bewegliche Sachen).
- Die Vollstreckungsstelle stellt beim Amtsgericht als Vollstreckungs- oder Insolvenzgericht oder beim Grundbuchamt den Antrag, Vollstreckungsmaßnahmen zu ergreifen (Abschnitte 26, 45 bis 51, 58; zum Beispiel Antrag auf Zwangsversteigerung, Zwangsverwaltung oder Eintragung einer Sicherungshypothek).
- Die Vollstreckungsstelle macht den Anspruch des Vollstreckungsgläubigers in einem Insolvenzverfahren geltend (Abschnitte 57 ff.; zum Beispiel durch Anmeldung beim Insolvenzverwalter).
- Die Vollstreckungsstelle ersucht eine andere Behörde, die Vollstreckung auszuführen (Abschnitte 8 bis 10; zum Beispiel Vollstreckung im Bezirk einer anderen Vollstreckungsbehörde).
- Die Vollstreckungsstelle nimmt einen Dritten nach dem Anfechtungsgesetz in Anspruch (Abschnitt 21; zum Beispiel auf Grund eines Duldungsbescheides, § 191 AO i.V.m. den Vorschriften des Anfechtungsgesetzes).
2Soweit die Zulässigkeit einzelner Vollstreckungsmaßnahmen nicht durch besondere Bestimmungen (Abschnitt 45 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4, Abschnitt 60 Abs. 1) eingeschränkt ist, entscheidet die Vollstreckungsstelle nach pflichtgemäßem Ermessen über die zu treffenden Vollstreckungsmaßnahmen. In erster Linie sollen solche Vollstreckungsmaßnahmen ergriffen werden, von denen nach den besonderen Umständen des Falles bei angemessener Berücksichtigung der Belange des Vollstreckungsschuldners am schnellsten und sichersten ein Erfolg zu erwarten ist. Die beabsichtigte Vollstreckungsmaßnahme muss in angemessenem Verhältnis zu dem erstrebten Erfolg stehen; die Höhe der Forderung den mit ihr verbundenen Verwaltungsaufwand rechtfertigen.
3Mehrere Vollstreckungsmaßnahmen können gleichzeitig ergriffen werden, wenn es zur Deckung der Rückstände einschließlich der Kosten der Vollstreckung erforderlich ist. Besteht für den Anspruch des Vollstreckungsgläubigers ein Pfandrecht an einer beweglichen Sache des Vollstreckungsschuldners und hat der Vollstreckungsgläubiger das Pfand im Besitz (im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz, im Alleinbesitz oder Mitbesitz), soll in das übrige Vermögen des Vollstreckungsschuldners oder in das Vermögen eines anderen Gesamtschuldners insoweit nicht vollstreckt werden, als der Anspruch des Vollstreckungsgläubigers durch den Wert des Pfandes gedeckt ist. Haftet das Pfand noch für andere Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers, gilt Satz 2 insoweit, als die anderen Ansprüche durch den Wert des Pfandes gedeckt sind. Außer einer derartigen Überpfändung ist auch jede andere Übersicherung, zum Beispiel durch Sicherungsübereignung, zu vermeiden. Sätze 2 und 3 gelten nicht im Rahmen der Sachhaftung nach § 76 der Abgabenordnung. Inhaberpapiere und Orderpapiere gelten als bewegliche Sachen im Sinne der Sätze 2 und 3.
4Führen Vollstreckungsmaßnahmen nicht zum Erfolg oder erscheinen sie aussichtslos, ist zu prüfen, ob die Löschung im Handels- oder Genossenschaftsregister (Abschnitt 65), ein gewerbe- und berufsrechtliches Untersagungsverfahren, eine Maßnahme nach dem Pass- oder Aufenthaltsgesetz (Abschnitt 66) oder eine Abmeldung von Fahrzeugen von Amts wegen (Abschnitt 67) in Betracht kommt.
24 Ausführung der Vollstreckung durch Vollziehungsbeamte
1Mit der Ausführung der Vollstreckung kann die Vollstreckungsstelle einen Vollziehungsbeamten insbesondere in folgenden Fällen beauftragen:
- Vollstreckung in bewegliche Sachen einschließlich der auf den Inhaber oder auf Namen lautenden Wertpapiere sowie der vom Boden noch nicht getrennten Früchte (§§ 285 bis 308 AO),
- Pfändung von Forderungen aus Wechseln und anderen Papieren, die durch Indossament übertragen werden können, zum Beispiel Wechsel, kaufmännische Orderpapiere (§ 312 AO),
- Vollstreckung zur Herausgabe von Sachen (§ 310 Absatz 1 Satz 2, § 315 Absatz 2 Satz 5, § 321 Absatz 4 zweiter Halbsatz AO),
- Entgegennahme und Verwertung von Sachen in den Fällen des § 318 Abs. 2 der Abgabenordnung,
- Verwertung von Forderungen und anderen Vermögensrechten in den Fällen des § 317 der Abgabenordnung.
2Ein Vollziehungsbeamter kann auch beauftragt werden, zur Feststellung von Forderungen und anderen Vermögensrechten in die Geschäftsbücher Einsicht zu nehmen.
3Vollziehungsbeamte im Sinne des Absatzes 1 sind Amtsträger, die zur Ausführung von Vollstreckungsmaßnahmen ständig eingesetzt oder mit der Ausführung solcher Vollstreckungsmaßnahmen in Einzelfällen beauftragt worden sind.
25 Ausführung der Vollstreckung durch die Vollstreckungsstelle
Der Vollstreckungsstelle obliegen namentlich folgende Maßnahmen:
- Pfändung und Einziehung von Forderungen und anderen Vermögensrechten (Abschnitte 41 bis 44); dies gilt nicht, soweit die Vollstreckung in Forderungen, die in Wertpapieren verbrieft sind, durch den Vollziehungsbeamten auszuführen ist (Abschnitt 24 Absatz 1 Nummer 1, 2),
- Antrag auf Eintragung einer Sicherungshypothek, auf Zwangsverwaltung oder Zwangsversteigerung (Abschnitte 45 bis 51),
- Abnahme der Vermögensauskunft und Anordnung der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis (Abschnitt 52),
- Abnahme der eidesstattlichen Versicherung (Abschnitt 53),
- Anmeldung von Steuerforderungen im Insolvenzverfahren (Abschnitte 60, 63),
- Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Abschnitt 58).
26 Vollstreckungs- und Insolvenzantrag
1Die Vollstreckungsstelle stellt bei der zuständigen Stelle die erforderlichen Anträge, wenn
- in das unbewegliche Vermögen vollstreckt (§ 322 AO) oder
- über das Vermögen des Vollstreckungsschuldners das Insolvenzverfahren eröffnet
werden soll. Zuständig für die Entgegennahme von Anträgen auf Zwangsversteigerung, Zwangsverwaltung oder die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist das zuständige Amtsgericht als Vollstreckungs- oder Insolvenzgericht, für die Entgegennahme von Anträgen auf Eintragung einer Sicherungshypothek das zuständige Grundbuchamt.
2Der Antrag ist schriftlich zu stellen. Er soll die in Abschnitt 34 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 und 11 erster Halbsatz bezeichneten Angaben enthalten. Bei der Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen ist zu bestätigen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung vorliegen (§ 322 Abs. 3 Satz 2 AO).
3Die Frage, ob der zu vollstreckende Anspruch besteht und vollstreckbar ist, unterliegt nicht der Beurteilung der in Absatz 1 Satz 2 genannten Stellen (vgl. § 322 Abs. 3 Satz 3 AO).
4Ein Antrag im vorstehenden Sinne liegt nicht vor, wenn die in Absatz 1 Satz 2 genannten Stellen um Mitwirkung bei Vollstreckungsmaßnahmen ersucht werden. Dies gilt namentlich für Ersuchen um
- Eintragung in das Grundbuch, wenn die Vollstreckungsstelle eine Forderung, für die eine Hypothek besteht, oder eine Grundschuld, eine Rentenschuld oder eine Reallast pfändet (§ 310 Abs. 1 Satz 3, § 321 Abs. 6 AO, §§ 29, 30 GBO),
- Bestellung eines Treuhänders in den Fällen des § 318 Abs. 3 der Abgabenordnung,
- Einleitung des gerichtlichen Verteilungsverfahrens (§ 308 Abs. 4, § 320 AO),
- Berichtigung des Grundbuchs (vgl. Abschnitt 46 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 1).
Ersuchen der in Nummern 1 und 4 bezeichneten Art sind an das Grundbuchamt und Ersuchen der in Nummern 2 und 3 genannten Art sind an das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht zu richten.
Vollstreckung gegen Ehegatten, Lebenspartner, Nießbraucher, Erben, nichtrechtsfähige Personenvereinigungen
27 Vollstreckung gegen Ehegatten oder Lebenspartner
1Für die Vollstreckung gegen Ehegatten oder gegen Lebenspartner sind die Vorschriften der §§ 739, 740, 741, 743, 744a und 745 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden (§ 263 AO).
2Zugunsten der Gläubiger eines Ehegatten oder eines Lebenspartners wird vermutet, dass die im Besitz eines Ehegatten oder eines Lebenspartners oder beider Ehegatten oder beider Lebenspartner befindlichen beweglichen Sachen dem Schuldner gehören (§ 1362 BGB, § 8 LPartG). Soweit die Eigentumsvermutung nach § 1362 des Bürgerlichen Gesetzbuches reicht, gilt, unbeschadet der Rechte Dritter, für die Durchführung der Vollstreckung nur der Schuldner als Gewahrsamsinhaber und Besitzer (§ 739 ZPO). Bei ausschließlich zum persönlichen Gebrauch eines Ehegatten oder eines Lebenspartners bestimmten Sachen wird im Verhältnis der Ehegatten oder der Lebenspartner zueinander und zu den Gläubigern vermutet, dass sie dem Ehegatten oder dem Lebenspartner gehören, für dessen Gebrauch sie bestimmt sind. Leben die Ehegatten oder die Lebenspartner getrennt, so gilt die Eigentumsvermutung nicht hinsichtlich der Sachen, die sich im Besitz des Ehegatten oder des Lebenspartners befinden, der nicht Schuldner ist. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass der Schuldner nur an den Sachen Gewahrsam hat, die sich in seiner tatsächlichen Gewalt befinden.
3Die Vollstreckung gegen Ehegatten oder gegen Lebenspartner, die im Güterstand der Zugewinngemeinschaft (gesetzlicher Güterstand) oder in Gütertrennung leben, findet nur in das Vermögen des zur Leistung verpflichteten Ehegatten oder des zur Leistung verpflichteten Lebenspartners statt.
4Leben die Ehegatten oder die Lebenspartner in Gütergemeinschaft (§§ 1415 bis 1518 BGB, § 7 LPartG) und verwaltet einer von ihnen das Gesamtgut allein, ist zur Vollstreckung in das Gesamtgut ein Leistungsgebot (Haftungsbescheid/Duldungsbescheid) gegen diesen Ehegatten oder gegen diesen Lebenspartner erforderlich und genügend. Verwalten die Ehegatten oder die Lebenspartner das Gesamtgut gemeinschaftlich, ist die Vollstreckung in das Gesamtgut nur zulässig, wenn gegen beide Ehegatten oder gegen beide Lebenspartner ein Leistungsgebot vorliegt (§ 740 ZPO). Betreibt ein Ehegatte oder ein Lebenspartner, der das Gesamtgut nicht oder nicht allein verwaltet, selbständig ein Erwerbsgeschäft, so genügt zur Vollstreckung in das Gesamtgut ein Leistungsgebot gegen diesen Ehegatten oder gegen diesen Lebenspartner, es sei denn, dass bei Bekanntgabe des Leistungsgebots ein Einspruch gegen den Betrieb des Erwerbsgeschäfts oder ein Widerruf der Einwilligung des anderen Ehegatten oder des anderen Lebenspartners zu dessen Betrieb im Güterrechtsregister eingetragen war (§ 741 ZPO).
5Nach Beendigung der Gütergemeinschaft ist vor der Auseinandersetzung die Vollstreckung in das Gesamtgut nur zulässig, wenn sich das Leistungsgebot gegen beide Ehegatten oder gegen beide Lebenspartner richtet oder der eine Ehegatte oder der eine Lebenspartner zur Leistung und der andere zur Duldung der Vollstreckung verpflichtet ist (§ 743 ZPO). Eine Duldungspflicht des anderen Ehegatten oder des anderen Lebenspartners besteht in Ansehung des Gesamtgutes nur hinsichtlich einer Gesamtgutsverbindlichkeit (§ 1437 BGB). Wird eine Gesamtgutsverbindlichkeit in diesem Fall nicht vor der Auseinandersetzung berichtigt (§ 1475 BGB), so haftet der zuvor duldungspflichtige Ehegatte oder der zuvor duldungspflichtige Lebenspartner auch persönlich als Gesamtschuldner mit den zugeteilten Gegenständen (§ 1480 BGB).
6Für Ehegatten, die bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 im gesetzlichen Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft des Familiengesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik gelebt haben, gelten mit Wirkung vom 3. Oktober 1990 die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Dies gilt nicht, wenn die Ehegatten vor der zuständigen Stelle in der vorgeschriebenen Form bis zum 2. Oktober 1992 erklärt haben, dass der bisherige gesetzliche Güterstand weitergelten soll. Ist eine Erklärung nach Satz 2 nicht abgegeben worden, gilt die widerlegbare Vermutung, dass das gemeinschaftliche Eigentum der Ehegatten Bruchteilseigentum zu gleichen Bruchteilen geworden ist, sofern sich nicht aus dem Grundbuch andere Bruchteile ergeben oder im Güterrechtsregister des Amtsgerichts keine Eintragung über die Beibehaltung des alten Güterstands erfolgt ist (Artikel 234 §§ 4, 4a EGBGB). Leben die Ehegatten im Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft, sind für die Vollstreckung in das Gesamtgut die Vorschriften der §§ 740 bis 744, 774 und 860 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden (§ 744a ZPO).
7Im Fall der fortgesetzten Gütergemeinschaft ist zur Vollstreckung in das Gesamtgut ein gegen den überlebenden Ehegatten oder gegen den überlebenden Lebenspartner ergangenes Leistungsgebot erforderlich und genügend (§ 745 Absatz 1 ZPO). Ein vor Eintritt der fortgesetzten Gütergemeinschaft ergangenes Leistungsgebot ist zur Vollstreckung in das Gesamtgut nur dann hinreichend, wenn es gegen den überlebenden Ehegatten oder gegen den überlebenden Lebenspartner gerichtet war oder die Vollstreckung in das Gesamtgut bereits begonnen hatte. Andernfalls ist das Leistungsgebot dem überlebenden Ehegatten oder dem überlebenden Lebenspartner nochmals bekanntzugeben.
8Nach Beendigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft gelten die Vorschriften des Absatzes 5 mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Ehegatten oder des Lebenspartners, der das Gesamtgut allein verwaltet, der überlebende Ehegatte oder der überlebende Lebenspartner und an die Stelle des anderen Ehegatten oder des anderen Lebenspartners die anteilsberechtigten Abkömmlinge treten (§ 745 Absatz 2 ZPO).
28 Vollstreckung in Nießbrauch an einem Vermögen
1Für die Vollstreckung in Gegenstände, die dem Nießbrauch an einem Vermögen unterliegen, ist § 737 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden (§ 264 AO).
2Aus Leistungsgeboten wegen Forderungen, die vor der Bestellung eines Nießbrauchs an einem Vermögen (§ 1085 BGB) gegen den Besteller entstanden sind, kann in Gegenstände des dem Nießbrauch unterliegenden Vermögens vollstreckt werden, wenn gegen den Nießbraucher ein vollstreckbares Leistungsgebot auf Duldung der Vollstreckung ergangen ist (§ 737 Abs. 1 ZPO; § 1086 BGB). Für die Dauer des Nießbrauchs haftet der Nießbraucher persönlich neben dem Besteller gesamtschuldnerisch für Zinsen solcher Forderungen gegen den Besteller, die vor Bestellung des Nießbrauchs an dem Vermögen entstanden und verzinslich waren, sowie unter den gleichen Voraussetzungen für diejenigen wiederkehrenden Leistungen, die bei ordnungsgemäßer Verwaltung aus den Einkünften des Vermögens bestritten werden (§ 1088 BGB). Die Haftung nach Satz 2 ist durch Haftungsbescheid geltend zu machen (§§ 191, 219 AO).
3Absatz 2 gilt bei dem Nießbrauch an einer Erbschaft für die Nachlassverbindlichkeiten entsprechend (§ 737 Abs. 2 ZPO).
29 Vollstreckung in einen Nachlass und gegen Erben; Grundsatz
Für die Vollstreckung gegen Erben sind die Vorschriften der §§ 1958, 1960 Abs. 3, § 1961 des Bürgerlichen Gesetzbuches sowie der §§ 747, 748, 778, 779, 781 bis 784 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden (§ 265 AO). Für die Vollstreckung gegen einen Vermächtnisnehmer sind § 781 der Zivilprozessordnung und § 2187 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend anzuwenden (§ 266 AO).
30 Vollstreckung in den Nachlass vor und nach Annahme der Erbschaft
1Solange der Erbe die Erbschaft nicht angenommen hat, ist eine Vollstreckung wegen eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlass richtet, nur in den Nachlass zulässig (§ 778 Abs. 1 ZPO).
2Eine Vollstreckung, die vor dem Tode des Schuldners bereits begonnen hatte, wird in seinen Nachlass fortgesetzt, ohne dass es eines weiteren Leistungsgebots oder dessen erneuter Bekanntgabe gegen den Erben, Nachlasspfleger oder ähnliche Personen bedarf. Die Vollstreckung kann auf alle Gegenstände ausgedehnt werden, die zum Nachlass gehören. Ist bei einer Vollstreckungshandlung die Zuziehung des Schuldners nötig, so hat, wenn die Erbschaft noch nicht angenommen oder der Erbe unbekannt oder es ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat, die Vollstreckungsstelle bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk die Vollstreckung ausgeführt werden soll, die Bestellung eines einstweiligen besonderen Vertreters zu beantragen. Die Bestellung hat zu unterbleiben, wenn ein Nachlasspfleger bestellt ist oder wenn die Verwaltung des Nachlasses einem Testamentsvollstrecker zusteht (§ 779 ZPO).
3Hat die Vollstreckung zu Lebzeiten des Schuldners noch nicht begonnen, ist sie in den Nachlass vor Annahme der Erbschaft nur zulässig, wenn auf Antrag der Vollstreckungsbehörde ein Nachlasspfleger bestellt (§ 1961 BGB) und diesem das Leistungsgebot, aus dem vollstreckt werden soll, bekannt gegeben worden ist. Die Bestellung eines Nachlasspflegers ist nicht erforderlich, wenn ein verwaltungsbefugter Testamentsvollstrecker vorhanden ist (§ 2213 BGB). Der Testamentsvollstrecker tritt insoweit an die Stelle eines Nachlasspflegers. Steht dem Testamentsvollstrecker keine Verwaltungsbefugnis oder eine solche nur hinsichtlich einzelner Nachlassgegenstände zu, so bedarf es vor Annahme der Erbschaft durch den Erben der Bestellung eines Nachlasspflegers, dem das Leistungsgebot bekannt zu geben ist; zur Vollstreckung in die der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegenden Nachlassgegenstände ist das Leistungsgebot auch ihm bekannt zu geben.
4Zur Vollstreckung in einen Nachlass wegen einer Forderung, die vor dem Tode des Erblassers begründet, jedoch diesem gegenüber noch nicht geltend gemacht worden ist, bedarf es eines Leistungsgebots gegen den Nachlasspfleger oder den verwaltungsbefugten Testamentsvollstrecker, solange der Erbe die Erbschaft noch nicht angenommen hat. Die Bestellung eines Nachlasspflegers ist gegebenenfalls zu beantragen. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend.
5Ist der Schuldner von mehreren Personen beerbt worden, ist zur Vollstreckung in den Nachlass ein gegen alle Erben ergangenes Leistungsgebot erforderlich (§ 747 ZPO). Im Übrigen sind die Absätze 1 bis 4, 6 entsprechend anzuwenden.
6Unterliegt ein Nachlass der Verwaltung eines Testamentsvollstreckers, so ist zur Vollstreckung in den Nachlass ein Leistungsgebot gegen den Testamentsvollstrecker auch dann erforderlich und genügend, wenn der Erbe die Erbschaft angenommen hat. Nach Annahme der Erbschaft durch den Erben ist zur Vollstreckung in den der Verwaltung eines Testamentsvollstreckers unterliegenden Nachlass ein auf Duldung gerichtetes Leistungsgebot gegen diesen genügend, wenn dem Erben das auf Zahlung gerichtete Leistungsgebot bekannt gegeben worden ist (§ 748 ZPO).
7Wegen eigener Verbindlichkeiten des Erben ist eine Vollstreckung in den Nachlass vor Annahme der Erbschaft nicht zulässig (§ 778 Abs. 2 ZPO).
8Ein Leistungsgebot gegen den Erben wegen Steuerschulden des Erblassers ist vor Annahme der Erbschaft nicht zulässig (§ 1958 BGB). In diesen Fällen ist nach Absatz 3 zu verfahren (§§ 1960, 1961 BGB). Der Annahme der Erbschaft steht der Ablauf der Ausschlagungsfrist des § 1944 des Bürgerlichen Gesetzbuches gleich.
31 Beschränkung der Haftung des Erben und des Vermächtnisnehmers
1Der Erbe kann auch nach Annahme der Erbschaft oder Ablauf der Ausschlagungsfrist die Haftung auf den Nachlass beschränken. Die Beschränkung der Erbenhaftung bleibt unberücksichtigt, bis auf Grund derselben von dem Erben Einwendungen gegen die Vollstreckung erhoben werden (§ 781 ZPO). Einwendungen dieser Art sind als Einspruch nach § 347 der Abgabenordnung zu behandeln und können sein:
- die Dreimonatseinrede nach § 2014 des Bürgerlichen Gesetzbuches; danach ist der Erbe berechtigt, die Berichtigung einer Steuerschuld des Erblassers bis zum Ablauf der ersten drei Monate nach der Annahme der Erbschaft, jedoch nicht über die Errichtung des Inventars hinaus (Absatz 3 Nr. 1), zu verweigern,
- die Aufgebotseinrede nach § 2015 des Bürgerlichen Gesetzbuches; danach ist der Erbe berechtigt, die Berichtigung einer Steuerschuld des Erblassers bis zur Beendigung des Aufgebotsverfahrens zu verweigern, wenn er innerhalb eines Jahres nach Annahme der Erbschaft Antrag auf Erlass des Aufgebots der Nachlassgläubiger gestellt hat und der Antrag zugelassen ist,
- die Beschränkung der Haftung für Steuerschulden des Erblassers, wenn Nachlassverwaltung angeordnet oder Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet ist (§ 1975 BGB),
- die Ausschließungseinrede nach § 1973 des Bürgerlichen Gesetzbuches; danach kann der Erbe die Befriedigung eines im Aufgebotsverfahren ausgeschlossenen Steuergläubigers verweigern, soweit der Nachlass durch die Befriedigung der nicht ausgeschlossenen Gläubiger erschöpft wird,
- die Verschweigungseinrede nach § 1974 des Bürgerlichen Gesetzbuches; danach kann der Erbe die Berichtigung einer Steuerschuld des Erblassers verweigern, wenn der Steuergläubiger seine Forderung später als fünf Jahre nach dem Erbfall dem Erben gegenüber geltend macht, soweit der Nachlass durch die Befriedigung der übrigen Nachlassgläubiger erschöpft wird, es sei denn, dass dem Erben die Forderung vor Ablauf der fünf Jahre bekannt geworden oder diese im Aufgebotsverfahren angemeldet worden ist,
- die Erschöpfungseinrede nach § 1990 des Bürgerlichen Gesetzbuches; danach kann der Erbe die Berichtigung einer Steuerschuld des Erblassers insoweit verweigern, als der Nachlass hierzu nicht ausreicht,
- die Auseinandersetzungseinrede nach § 2059 des Bürgerlichen Gesetzbuches; danach kann bei mehreren Miterben jeder Erbe bis zur Teilung des Nachlasses die Berichtigung von Steuerschulden des Erblassers aus seinem persönlichen Vermögen verweigern.
Die Einreden des Erben nach Nummern 1 und 2 führen dazu, dass die Vollstreckung innerhalb der genannten Fristen auf solche Maßnahmen beschränkt wird, die zur Vollziehung eines Arrests zulässig sind (§ 782 ZPO). Die Einreden des Erben nach Nummer 3 schließen auch nach Beendigung der Nachlassverwaltung oder des Nachlassinsolvenzverfahrens die Vollstreckung in das persönliche Vermögen des Erben aus. Im Falle der Nummern 4 und 5 ist der Erbe weiterhin verpflichtet, einen Überschuss aus der Verwertung des Nachlasses nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben. Pfandgläubiger und Gläubiger, die im Insolvenzverfahren Pfandgläubigern gleichstehen, sowie Gläubiger, für die dingliche Rechte an unbeweglichen Nachlassgegenständen bestehen, werden hinsichtlich dieser Gegenstände in ihrem Befriedigungsrecht nicht berührt. Unabhängig von der rechtlichen Wirkung der Einreden des Erben bleibt die Vollstreckung in den Nachlass nach Abschnitt 30 zulässig.
2Hinsichtlich der Nachlassgegenstände kann der Erbe die Beschränkung der Vollstreckung nach Absatz 1 Nr. 1 und 2 auch wegen seiner persönlichen Steuerschulden verlangen, es sei denn, er haftet für die Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt (§ 783 ZPO). Soweit Nachlassverwaltung angeordnet oder ein Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet ist, kann der Erbe verlangen, dass Vollstreckungsmaßnahmen wegen Steuerschulden des Erblassers in sein nicht zum Nachlass gehörendes Vermögen aufgehoben werden, es sei denn, dass er für die Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt haftet (§ 784 ZPO). Die Rechte aus den Sätzen 1 und 2 kann der Erbe mit dem Einspruch nach § 347 der Abgabenordnung geltend machen.
3Der Erbe haftet unbeschränkt mit dem Nachlass und seinem eigenen Vermögen für Steuerschulden des Erblassers, wenn er
- die nach § 1994 des Bürgerlichen Gesetzbuches auf Antrag des Gläubigers gesetzte Frist zur Inventarerrichtung versäumt hat,
- Inventaruntreue im Sinne des § 2005 des Bürgerlichen Gesetzbuches begangen hat,
- auf die Beschränkung der Erbenhaftung gegenüber den Nachlassgläubigern oder dem Verfahren betreibenden Gläubiger verzichtet hat.
Die Vollstreckungsstelle hat gegebenenfalls auf die Errichtung eines Inventars hinzuwirken (§ 1994 BGB).
4Der Vermächtnisnehmer haftet bei geltend gemachter Erschöpfungseinrede (§ 2187 Abs. 3, § 1992 BGB) nur mit dem Wert des vermachten Gegenstandes. Im Übrigen gilt Absatz 1 Nr. 6 entsprechend.
32 aufgehoben
(weggefallen)
33 Vollstreckung gegen eine nichtrechtsfähige Personenvereinigung
1Zur Vollstreckung in das Vermögen einer nichtrechtsfähigen Personenvereinigung, die als solche steuerpflichtig ist, ist ein Leistungsgebot gegen diese Personenvereinigung erforderlich. Das gleiche gilt für Zweckvermögen und sonstige einer juristischen Person ähnliche steuerpflichtige Gebilde (§ 267 AO).
2Die Vollstreckung in das Vermögen eines Gesellschafters oder eines Mitglieds einer Vereinigung im Sinne des Absatzes 1 ist nur auf Grund eines gegen den einzelnen Gesellschafter oder das einzelne Mitglied gerichteten Haftungsbescheides und Leistungsgebotes möglich (§ 191 Abs. 1 und 4, § 249 Abs. 1 und § 254 Abs. 1 AO).
Dritter Teil - Vollstreckung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen
Vollstreckung in Sachen
34 Vollstreckungsauftrag
1Der Vollstreckungsauftrag ist dem Vollziehungsbeamten schriftlich oder elektronisch zu erteilen.
2Der Vollstreckungsauftrag soll enthalten:
- die Steuernummer oder Sollbuchnummer, unter der der Rückstand zum Soll steht. Steht der Rückstand bei einer anderen Kasse als der für die Vollstreckungsstelle zuständigen Kasse zum Soll, soll die andere Kasse in dem Vollstreckungsauftrag angegeben werden,
- Familienname, Vornamen und Anschrift, gegebenenfalls auch Betriebsanschrift, des Vollstreckungsschuldners,
- die Bezeichnung des beizutreibenden Geldbetrages und des Schuldgrundes, zum Beispiel Steuerart, Entrichtungszeitraum (§ 260 AO),
- die Angabe des Tages, bis zu dem die aufgeführten Säumniszuschläge berechnet worden sind,
- (weggefallen)
- den Betrag der Kosten der Vollstreckung, die vor Erteilung des Vollstreckungsauftrages entstanden sind,
- die Feststellung, dass der Vollstreckungsschuldner die Leistung (Nummer 3) sowie die Kosten (Nummern 5, 6) schuldet,
- die Bezeichnung der Vollstreckungsmaßnahmen, die getroffen werden sollen, zum Beispiel die Pfändung beweglicher Sachen; richtet sich die Vollstreckung gegen die in Abschnitt 3 Abs. 3 bezeichneten Personen oder ist die Vollstreckung gegenständlich zu beschränken, zum Beispiel nach §§ 74, 75 der Abgabenordnung, ist auch das Vermögen, in das vollstreckt werden soll, aufzuführen,
- die Anweisung an den Vollziehungsbeamten, den Auftrag innerhalb einer bestimmten Frist auszuführen,
- den Hinweis, dass der Vollziehungsbeamte befugt ist, die geschuldete Leistung anzunehmen und über den Empfang Quittung zu erteilen,
- die Unterschrift eine zuständigen Bediensteten der Vollstreckungsstelle der Vollstreckungsbehörde; bei mit Hilfe automatischer Einrichtungen erstellten Vollstreckungsaufträgen kann die Unterschrift fehlen.
3Soweit die in Absatz 2 geforderten Angaben bereits in der Rückstandsanzeige oder dem Vollstreckungsersuchen enthalten sind, kann in dem Vollstreckungsauftrag, wenn er damit fest verbunden ist, darauf Bezug genommen werden.
4Für die in einer Rückstandsanzeige zusammengefassten Rückstände wird nur ein Vollstreckungsauftrag erteilt. Liegen für einen Vollstreckungsschuldner mehrere Rückstandsanzeigen vor, kann für sämtliche Rückstände ein gemeinsamer Vollstreckungsauftrag erteilt werden.
5Der Vollstreckungsauftrag soll dem Vollziehungsbeamten nicht vor Ablauf der in Abschnitt 22 Abs. 1 Nr. 1 genannten Frist ausgehändigt werden. Der Vollstreckungsauftrag ist nicht anfechtbar (vgl. Abschnitt 22 Abs. 5 Satz 1).
35 Vollstreckung in bewegliche Sachen
Die Vollstreckung in bewegliche Sachen obliegt den Vollziehungsbeamten (§ 285 Abs. 1 AO). Das Verfahren regelt die allgemeine Verwaltungsvorschrift für Vollziehungsbeamte der Finanzverwaltung. Die Vollstreckungsstelle bestimmt den Einsatz und überwacht die Tätigkeit der Vollziehungsbeamten. Die Überprüfung hat sich auch darauf zu erstrecken, dass von den Vollziehungsbeamten die Vorschriften über Kosten, Pfändungsverbote und -beschränkungen, Vorwegpfändungen, Austauschpfändungen, vorläufige Austauschpfändungen und Schätzung der Sachen (§ 295 AO, § 811 bis 812 und 813 Abs. 1 bis 3 ZPO) eingehalten werden und Niederschriften und andere öffentliche Urkunden (§§ 415 bis 418 ZPO) in ihrer Beweiskraft nicht durch Mängel (vgl. § 419 ZPO) beeinträchtigt sind.
36 Verwertung gepfändeter Sachen
1Gepfändete Sachen und Sicherheiten (§ 327 AO) sind auf schriftliche Anordnung der Vollstreckungsstelle zu versteigern (§ 296 Abs. 1 AO). In der Versteigerungsanordnung ist eine Frist zu bestimmen, innerhalb welcher die Versteigerung auszuführen ist. Die gepfändeten Sachen dürfen nicht vor Ablauf einer Woche seit dem Tag der Pfändung versteigert werden, sofern sich nicht der Vollstreckungsschuldner mit einer früheren Versteigerung einverstanden erklärt oder diese erforderlich ist, um die Gefahr einer beträchtlichen Wertverringerung abzuwenden oder unverhältnismäßige Kosten längerer Aufbewahrung zu vermeiden (§ 298 Abs. 1 AO).
2Die Versteigerung wird durch den Vollziehungsbeamten oder eine andere Person ausgeführt. Ist die andere Person Angehöriger der Vollstreckungsbehörde, sind die Vorschriften der Abschnitte 51 bis 55 der Vollziehungsanweisung zu beachten. Wird nach Maßgabe des § 305 der Abgabenordnung eine andere Person mit der Versteigerung beauftragt, ist in der Versteigeirungsanordnung zu bestimmen, dass der Versteigerungserlös an die Kasse der Vollstreckungsbehörde abzuliefern ist.
37 Verwertung gepfändeter Wertpapiere
1Gepfändete Wertpapiere, die einen Börsen- oder Marktpreis haben, sind von der Vollstreckungsstelle unverzüglich durch ein Kreditinstitut zum Tageskurs zu verkaufen. Wertpapiere ohne Börsen- oder Marktpreis sind nach Abschnitt 36 nach den allgemeinen Vorschriften zu versteigern, sofern keine besondere Verwertung (Abschnitt 39, § 305 AO) zweckmäßig ist.
2Lautet ein gepfändetes Wertpapier auf einen Namen, so ist die Vollstreckungsstelle berechtigt, die Umschreibung auf den Namen des Käufers oder, wenn es sich um ein auf einen Namen umgeschriebenes Inhaberpapier handelt, die Rückverwandlung in ein Inhaberpapier zu erwirken und die hierzu erforderlichen Erklärungen an Stelle des Vollstreckungsschuldners abzugeben (§ 303 AO).
3Sind Forderungen aus Wechseln und anderen Papieren, die durch Indossament übertragen werden können, gepfändet worden (§ 312 AO), ordnet die Vollstreckungsstelle die Einziehung der Forderung durch besondere Verfügung an (§ 314 AO). Die Bestimmungen der Abschnitte 41 bis 44 gelten entsprechend.
38 Verwertung von Kostbarkeiten
Hat der Vollziehungsbeamte Kostbarkeiten gepfändet, lässt die Vollstreckungsstelle die Pfandsachen nach ihrem Verkaufswert, Gold- und Silbersachen auch nach ihrem Metallwert, durch einen Sachverständigen schätzen (§ 295 Satz 1 AO i.V.m. § 813 Abs. 1 Satz 2 ZPO). In der Versteigerungsanordnung ist anzugeben, wie hoch der Sachverständige den Verkaufswert, bei Gold- und Silbersachen auch den Metallwert, der Pfandsachen geschätzt hat. Der mit der Versteigerung Beauftragte darf Gold- oder Silbersachen nicht unter ihrem Metallwert zuschlagen (§ 300 Abs. 3 Satz 1 AO). Wird ein Gebot, das den Metallwert erreicht, nicht abgegeben, so lässt die Vollstreckungsstelle die Gold- oder Silbersachen aus freier Hand verkaufen. Der Verkaufspreis darf den Gold- oder Silberwert und die Hälfte des gewöhnlichen Verkaufswerts nicht unterschreiten.
39 Besondere Verwertung
Auf Antrag des Vollstreckungsschuldners oder aus besonderen Zweckmäßigkeitsgründen kann die Vollstreckungsstelle anordnen, dass eine gepfändete Sache in anderer Weise, als in den vorstehenden Abschnitten bestimmt ist, zu verwerten ist (§ 305 AO). Als andere Art der Verwertung kommt zum Beispiel der freihändige Verkauf einer Pfandsache in Betracht. Besondere Zweckmäßigkeitsgründe für eine abweichende Verwertung liegen in der Regel vor, wenn durch sie der Zweck der Verwertung, die Erzielung eines möglichst hohen Erlöses - unter Vermeidung ungebührlicher Nachteile für den Vollstreckungsschuldner -, besser erreicht wird. Über einen Antrag des Vollstreckungsschuldners hat die Vollstreckungsstelle nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Liegt kein Antrag des Vollstreckungsschuldners vor, soll der Vollstreckungsschuldner vor Anordnung der besonderen Verwertung angehört werden.
40 Aussetzung der Verwertung gepfändeter Sachen
Die Vollstreckungsstelle kann die Verwertung gepfändeter Sachen unter Anordnung von Zahlungsfristen zeitweilig aussetzen, wenn die alsbaldige Verwertung unbillig wäre (§ 297 AO). Neben dem Vorliegen von Billigkeitsgründen ist weitere Voraussetzung für eine Aussetzung der Verwertung, dass hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Vollstreckungsschuldner die in Aussicht genommenen Zahlungsfristen einhalten kann und will. Keine Billigkeitsgründe liegen vor, wenn der Vollstreckungsschuldner nur die Verwertung hinauszögern will.
Vollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte
41 Pfändung und Einziehung einer Geldforderung
1Soll eine Geldforderung, die dem Vollstreckungsschuldner gegen einen Dritten (Drittschuldner) zusteht, gepfändet und eingezogen werden, hat die Vollstreckungsstelle die Pfändung schriftlich zu verfügen und die Einziehung der gepfändeten Forderung anzuordnen (§ 309 Abs. 1, § 314 Abs. 1 AO). Hierbei sind Beschränkungen und Verbote, die nach §§ 850 bis 852 der Zivilprozessordnung und anderen gesetzlichen Bestimmungen für die Pfändung von Forderungen und Ansprüchen bestehen, zu beachten (§ 319 AO).
2Die Pfändungsverfügung muss enthalten:
- Familienname, Vornamen, Anschrift des Vollstreckungsschuldners,
- den beizutreibenden Geldbetrag und den Schuldgrund, zum Beispiel Steuerart, Entrichtungszeitraum (§ 260 AO), wobei es genügt, wenn diese Angaben aus einer der Pfändungsverfügung beigefügten Anlage hervorgehen; in der an den Drittschuldner zuzustellenden Pfändungsverfügung ist der beizutreibende Geldbetrag nur in einer Summe, ohne Angabe der Steuerarten und der Zeiträume, für die er geschuldet wird, anzugeben (§ 309 Abs. 2 Satz 2 AO).
- die Kosten für bisher ergriffene Vollstreckungsmaßnahmen und die Kosten für den Erlass der Pfändungsverfügung,
- die Feststellung, dass der Vollstreckungsschuldner die in Nummern 2, 3 bezeichneten Beträge schuldet,
- die Bezeichnung der Forderung, die dem Vollstreckungsschuldner gegen den Drittschuldner zusteht (Absatz 4), sowie den Ausspruch, dass wegen der in Nummern 2, 3 bezeichneten Beträge die Forderung gepfändet wird.
- das an den Drittschuldner zu richtende Verbot, an den Vollstreckungsschuldner zu zahlen, sowie das an den Vollstreckungsschuldner zu richtende Gebot, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten,
- die Unterschrift eines zuständigen Bediensteten der Vollstreckungsstelle; dies gilt nicht, wenn die Pfändungsverfügung formularmäßig oder mit Hilfe automatisierter Einrichtungen erlassen wird.
3Die Pfändungsverfügung soll ferner die Aufforderung an den Drittschuldner enthalten, binnen zwei Wochen, von der Zustellung der Pfändungsverfügung an gerechnet, zu erklären:
- ob und inwieweit er die Forderung als begründet anerkenne und bereit sei zu zahlen,
- ob und welche Ansprüche andere Personen an die Forderung erheben,
- ob und wegen welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet sei,
- ob innerhalb der letzten zwölf Monate im Hinblick auf das Konto, dessen Guthaben gepfändet worden ist, nach § 850l der Zivilprozessordnung die Unpfändbarkeit des Guthabens angeordnet worden ist, und
- ob es sich bei dem Konto, dessen Guthaben gepfändet worden ist, um ein Pfändungsschutzkonto im Sinne des § 850k Absatz 7 der Zivilprozessordnung handelt.
4In der Pfändungsverfügung ist die Forderung, die gepfändet wird (Absatz 2 Nr. 5), so eindeutig zu bezeichnen, dass kein Zweifel am Gegenstand der Pfändung möglich ist. Dazu gehört die Angabe des Drittschuldners und des Schuldgrundes, zum Beispiel Lohn, Darlehen, Mietzins, Pachtzins, Kaufpreis, Sparkasseneinlage. Bei Pfändung einer Forderung, für die eine Hypothek besteht, sind, soweit nicht nach § 310 Abs. 3 der Abgabenordnung zu verfahren ist, außer den Angaben, die zur Bezeichnung der Forderung dienen, eine Angabe über die Art der Hypothek, zum Beispiel Briefhypothek oder Buchhypothek, und die Bezeichnung des belasteten Grundstücks in die Pfändungsverfügung aufzunehmen.
5Die Anordnung der Einziehung (Einziehungsverfügung) soll regelmäßig mit der Pfändungsverfügung verbunden werden. Sie soll die Aufforderung an den Drittschuldner enthalten, in Höhe der Pfändung den von ihm geschuldeten Betrag bei Eintritt der Fälligkeit an die zuständige Kasse zu zahlen.
6Eine Zahlungsaufforderung an den Drittschuldner (Absatz 5 Satz 2) ist in die Einziehungsverfügung nicht aufzunehmen, wenn der Drittschuldner nur gegen Aushändigung oder Vorlegung einer über die Forderung ausgestellten Urkunde, zum Beispiel eines Sparkassenbuchs, zur Zahlung verpflichtet ist und die Urkunde dem Drittschuldner nicht zusammen mit der Einziehungsverfügung ausgehändigt werden kann. In diesem Fall muss die Vollstreckungsstelle zunächst die Einziehungsverfügung dem Drittschuldner zustellen und dies dem Vollstreckungsschuldner mitteilen, sich die Urkunde verschaffen (§ 315 Abs. 2 AO) und nach Eintritt der Fälligkeit gegen Aushändigung oder unter Vorlage der Urkunde die gepfändete Forderung bei dem Drittschuldner einziehen.
7Die Pfändungsverfügung und die Einziehungsverfügung sind dem Drittschuldner in der Regel durch die Post mit Zustellungsurkunde zuzustellen. Richtet sich die gepfändete Forderung gegen mehrere Drittschuldner, zum Beispiel gegen Miterben, ist die Zustellung an jeden erforderlich.
8Nach Zustellung der Pfändungsverfügung und Einziehungsverfügung an den Drittschuldner hat die Vollstreckungsstelle dem Vollstreckungsschuldner eine Abschrift der Pfändungsverfügung und Einziehungsverfügung zu übersenden und mitzuteilen, an welchem Tag die Zustellung an den Drittschuldner erfolgt ist.
42 Pfändung und Einziehung eines Herausgabeanspruchs und anderer Vermögensrechte
1Für die Pfändung von Ansprüchen auf Herausgabe oder Leistung von Sachen, zum Beispiel beweglichen Sachen, Liegenschaften, Schiffen, Luftfahrzeugen, die dem Vollstreckungsschuldner gegen einen Dritten - Drittschuldner - zustehen, gelten die Bestimmungen des Abschnitts 41 entsprechend. In der Einziehungsverfügung ordnet die Vollstreckungsstelle an, dass der Drittschuldner nach Eintritt der Fälligkeit
- bewegliche Sachen an einen in der Einziehungsverfügung zu bezeichnenden Vollziehungsbeamten,
- unbewegliche Sachen an einen vom Amtsgericht als Vollstreckungsgericht zu bestellenden Treuhänder herauszugeben hat (§ 318 Abs. 2 bis 4 AO).
2Die Vollstreckungsstelle hat
- in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 den Vollziehungsbeamten mit der Entgegennahme der Sache zu beauftragen (Abschnitt 24 Nr. 4),
- in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 bei dem zuständigen Amtsgericht als Vollstreckungsgericht die Bestellung eines Treuhänders zu beantragen. Dem Antrag ist eine Ausfertigung der Pfändungsverfügung und Einziehungsverfügung beizufügen. Den Beschluss, durch den das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht den Treuhänder bestellt, lässt die Vollstreckungsstelle dem Drittschuldner und dem Vollstreckungsschuldner zustellen; dies kann zusammen mit der Zustellung der Pfändungsverfügung und Einziehungsverfügung geschehen.
3Die Pfändung in andere Vermögensrechte, die nicht Gegenstand der Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen sind, zum Beispiel Anteilsrechte an einer OHG, KG, GmbH, Urheberrechte, Patentrechte, richtet sich nach § 321 der Abgabenordnung.
43 Pfändung einer durch Hypothek gesicherten Forderung
1Wird eine Forderung gepfändet, für die eine Buchhypothek (§ 1116 Abs. 2, § 1185 Abs. 1 BGB) besteht, ersucht die Vollstreckungsbehörde, soweit nicht § 1159 oder § 1187 des Bürgerlichen Gesetzbuches anzuwenden ist (vgl. § 310 Abs. 3 AO), das Grundbuchamt, die Pfändung in das Grundbuch einzutragen. Dem Ersuchen ist eine Ausfertigung der Pfändungsverfügung beizufügen (§§ 29, 30 GBO).
2Wird eine Forderung gepfändet, für die eine Briefhypothek (§ 1116 Abs. 1 BGB) besteht, stellt die Vollstreckungsbehörde, soweit nicht § 1159 des Bürgerlichen Gesetzbuches anzuwenden ist (vgl. § 310 Abs. 3 AO), dem Vollstreckungsschuldner die Pfändungsverfügung mit der Aufforderung zu, den Hypothekenbrief unverzüglich an die Vollstreckungsbehörde herauszugeben. Wird mit der Zustellung ein Vollziehungsbeamter beauftragt, kann ihm gleichzeitig der Auftrag auf Wegnahme des Hypothekenbriefes erteilt werden (§ 310 Absatz 1 Satz 2, § 315 Absatz 2 Satz 2 AO).
3Wird die Pfändungsverfügung und Einziehungsverfügung vor der Übergabe des Hypothekenbriefes oder der Eintragung der Pfändung in das Grundbuch dem Drittschuldner zugestellt, so gilt die Pfändung diesem gegenüber mit der Zustellung als bewirkt (§ 310 Abs. 2 AO). In einer mit der Pfändungsverfügung verbundenen Einziehungsverfügung ist darauf hinzuweisen, dass die Einziehungsverfügung erst mit der Eintragung der Pfändung im Grundbuch oder der Übergabe des Hypothekenbriefes an die Vollstreckungsbehörde wirksam wird. Der Hinweis nach Satz 2 ist nicht erforderlich, wenn der Hypothekenbrief bereits vom Vollziehungsbeamten im Wege der Hilfspfändung in Besitz genommen worden ist. Sobald die Einziehungsverfügung wirksam geworden ist, hat die Vollstreckungsstelle den Drittschuldner hierüber unverzüglich zu unterrichten.
44 Weiteres Verfahren bei der Pfändung von Forderungen
1Hängt die Fälligkeit der vom Drittschuldner geschuldeten Leistung von einer Kündigung ab, ist die Vollstreckungsbehörde auf Grund der Einziehungsverfügung (§ 315 Abs. 1 AO) berechtigt, das dem Vollstreckungsschuldner zustehende Kündigungsrecht auszuüben.
2Die Vollstreckungsstelle hat den Eingang der Drittschuldnererklärung zu überwachen. Sie kann ein Zwangsgeld festsetzen, wenn die Erklärung nicht abgegeben wird (§ 316 Abs. 2 Satz 3 AO).
3Leistet der Drittschuldner nicht oder erhebt er unbegründete Einwendungen, soll die Vollstreckungsbehörde unverzüglich gegen ihn vorgehen (§ 316 Abs. 3 AO, § 842 ZPO). Klagt die Vollstreckungsbehörde gegen den Drittschuldner, ist dem Vollstreckungsschuldner der Streit zu verkünden (§ 316 Abs. 3 AO, § 841 ZPO). Erscheint es nicht angebracht, gegen den Drittschuldner vorzugehen, ist die Pfändung insoweit aufzuheben. Die Aufhebung ist dem Drittschuldner und dem Vollstreckungsschuldner mitzuteilen.
4Die Vollstreckungsstelle soll dem Vollstreckungsschuldner eine Bescheinigung erteilen, dass seine Rückstände in Höhe der vom Drittschuldner geleisteten Zahlungen getilgt worden sind. Urkunden über die gepfändete Forderung sind, soweit sie nicht dem Drittschuldner auszuhändigen sind, dem Vollstreckungsschuldner zurückzugeben, sobald die Pfändung erledigt oder aufgehoben ist. Dies gilt auch für Gegenstände, die zur Sicherung der dem Vollstreckungsschuldner gegen den Drittschuldner zustehenden Forderung dienen. Ist die Pfändung einer Forderung, für die eine Hypothek besteht, in das Grundbuch eingetragen worden, bleibt nach Erledigung oder Aufhebung der Pfändung die Berichtigung des Grundbuchs dem Vollstreckungsschuldner überlassen. Dem Vollstreckungsschuldner ist eine Bescheinigung in grundbuchmäßiger Form (§ 29 GBO) zu erteilen.
Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen
45 Gegenstand und Voraussetzung der Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen
1Der Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen außer den Grundstücken die Berechtigungen, für welche die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften gelten (sog. grundstücksgleiche Rechte, wie zum Beispiel Erbbaurechte, Kohlenabbaugerechtigkeiten), die im Schiffsregister eingetragenen Schiffe, die Schiffsbauwerke und Schwimmdocks, die im Schiffsbauregister eingetragen sind oder in dieses Register eingetragen werden können, sowie die Luftfahrzeuge, die in der Luftfahrzeugrolle eingetragen sind oder nach Löschung in der Luftfahrzeugrolle noch in dem Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen sind (§ 322 Abs. 1 AO). Wegen der anzuwendenden Vorschriften wird auf § 322 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 der Abgabenordnung verwiesen.
2Soll in das unbewegliche Vermögen vollstreckt werden, hat die Vollstreckungsstelle zu entscheiden, ob die Eintragung einer Sicherungshypothek, Zwangsversteigerung, Zwangsverwaltung oder mehrere dieser Vollstreckungsmaßnahmen nebeneinander beantragt werden sollen.
3Die Eintragung einer Sicherungshypothek darf nur beantragt werden, wenn der rückständige Betrag siebenhundertfünfzig Euro übersteigt; Zinsen (Abschnitt 1 Abs. 2 Nr. 2) bleiben dabei unberücksichtigt, soweit sie als Nebenforderungen geltend gemacht sind. Verschiedene Forderungen der Vollstreckungsbehörde werden bei der Berechnung der Wertgrenze zusammengerechnet (§ 866 Abs. 3 ZPO).
4Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung soll nur beantragt werden, wenn festgestellt ist, dass der Geldbetrag durch Vollstreckung in das bewegliche Vermögen nicht beigetrieben werden kann (§ 322 Abs. 4 AO), oder wenn die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen die Belange des Vollstreckungsschuldners in nicht vertretbarer Weise beeinträchtigen würde.
46 Verfahren
1Die Eintragung einer Sicherungshypothek, die Zwangsversteigerung oder die Zwangsverwaltung eines Grundstücks kann beantragt werden, wenn der Vollstreckungsschuldner im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist (§ 39 Abs. 1 GBO; § 17 Abs. 1, § 146 Abs. 1 ZVG). Wegen eines Anspruchs aus einem im Grundbuch eingetragenen Rechts kann die Zwangsverwaltung eines dem Vollstreckungsschuldner gehörigen Grundstücks auch dann beantragt werden, wenn der Vollstreckungsschuldner zwar nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist, aber das Grundstück im Eigenbesitz hat (§ 147 Abs. 1 ZVG).
2Ist ein Grundstück, dessen Eigentümer der Vollstreckungsschuldner ist, im Grundbuch nicht auf seinen Namen eingetragen, kann die Eintragung einer Sicherungshypothek, die Zwangsversteigerung oder die Zwangsverwaltung unbeschadet Abschnitt 48 erst beantragt werden, nachdem seine Eintragung als Eigentümer des Grundstücks erfolgt ist. Die Vollstreckungsstelle kann die Berichtigung des Grundbuchs beantragen, wenn sie seine Unrichtigkeit durch öffentliche Urkunden (§ 415 ZPO) nachweisen kann (§§ 14, 22 Abs. 1, § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO; vgl. § 792 ZPO). Kann die Vollstreckungsstelle diesen Nachweis nicht führen, kann sie den Anspruch auf Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs, der dem Vollstreckungsschuldner gegen den im Grundbuch Eingetragenen zusteht, pfänden (§ 894 BGB; § 321 Abs. 1, 3 AO).
3Bei gemeinschaftlichem Eigentum von Ehegatten ist die Berichtigung des Grundbuchs zu beantragen, wenn die Ehegatten keine Erklärung nach Artikel 234 § 4 Abs. 2 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch abgegeben haben und gemeinschaftliches Eigentum zu Eigentum zu gleichen Bruchteilen geworden ist (§ 14 GBBerG, § 14 GBO). Der für die Berichtigung des Grundbuchs erforderliche Nachweis, dass eine Erklärung nach Artikel 234 § 4 Abs. 2 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch nicht abgegeben wurde, kann durch Berufung auf die Vermutung nach Artikel 234 § 4a Abs. 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch, durch übereinstimmende Erklärung beider Ehegatten oder bei dem Ableben eines von ihnen durch Versicherung des überlebenden Ehegatten erbracht werden. Beim Ableben beider Ehegatten genügt eine entsprechende Versicherung der Erben. Die Erklärung, die Versicherung und der Antrag bedürfen nicht der in § 29 Grundbuchordnung vorgesehenen Form.
4Der Antrag, der auf Eintragung einer Sicherungshypothek gerichtet ist, muss das zu belastende Grundstück übereinstimmend mit dem Grundbuch oder durch Hinweis auf das Grundbuchblatt bezeichnen (§ 28 Satz 1 GBO). Sollen mehrere Grundstücke des Vollstreckungsschuldners mit der Sicherungshypothek belastet werden, hat die Vollstreckungsstelle in dem Antrag zu bestimmen, wie der Geldbetrag auf die einzelnen Grundstücke verteilt werden soll (§ 867 Abs. 2 Satz 1 ZPO); die Mindestsumme von siebenhundertfünfzig Euro (§ 866 Abs. 3 Satz 1 ZPO) muss auch für die entsprechenden Teile jeweils eingehalten werden.
5In dem Antrag auf Zwangsversteigerung oder auf Zwangsverwaltung eines Grundstücks ist das Grundstück, in das vollstreckt werden soll, zu bezeichnen (§ 16 Abs. 1, § 146 Abs. 1 ZVG). Dem Antrag ist eine Bescheinigung des Grundbuchamts darüber beizufügen, wer als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen ist. Gehören Vollstreckungsgericht und Grundbuchamt demselben Amtsgericht an, kann die Beibringung durch Bezugnahme auf das Grundbuch ersetzt werden (§ 17 Abs. 2 Satz 2, § 146 Abs. 1 ZVG).
6In dem Antrag auf Eintragung einer Sicherungshypothek, auf Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung ist zu bestätigen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung vorliegen (§ 322 Abs. 3 Satz 2 AO). Der Antrag ist dem Vollstreckungsgericht oder Grundbuchamt in der Regel gegen Empfangsbekenntnis - zuzustellen. Nach der Zustellung hat die Vollstreckungsstelle dem Vollstreckungsschuldner eine Durchschrift des Antrags zu übersenden.
47 Verfahren in Erbfällen
1Wird bei Vollstreckung gegen einen Erben die Eintragung einer Sicherungshypothek auf ein Grundstück beantragt, das im Grundbuch noch auf den Namen des Erblassers eingetragen ist, ist zum Zwecke der vorherigen Umschreibung die Erbfolge durch öffentliche Urkunden nachzuweisen (§ 29 Abs. 1, § 35 GBO). Soweit die nach Satz 1 erforderlichen Urkunden bei den Akten des Grundbuchamts sind, soll die Vollstreckungsstelle in dem Antrag auf die Urkunden Bezug nehmen. Befinden sich die Urkunden bei den Akten eines anderen Grundbuchamts, hat die Vollstreckungsstelle die Urkunden zu beschaffen (vgl. § 792 ZPO) und sie mit dem Antrag dem Grundbuchamt vorzulegen. Abweichend von Satz 1 kann die Eintragung einer Sicherungshypothek für Rückstände des Erblassers, für die der Vollstreckungsschuldner als Gesamtrechtsnachfolger in Anspruch genommen wird, auch ohne vorherige Umschreibung beantragt werden, wenn dem Erblasser bereits das Leistungsgebot bekannt gegeben worden war (vgl. § 40 Abs. 1 GBO).
2Die Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung eines ererbten Grundstücks kann auch dann beantragt werden, wenn anstelle des Vollstreckungsschuldners noch der Erblasser als Eigentümer eingetragen ist (§ 17 Abs. 1, § 146 Abs. 1 ZVG). Es genügt, wenn die Erbfolge durch Urkunden glaubhaft gemacht wird, sofern sie nicht bei dem Amtsgericht als Vollstreckungsgericht offenkundig ist (§ 17 Abs. 3 ZVG).
3Richtet sich die Vollstreckung gegen einen Nachlasspfleger oder Nachlassverwalter, kann die Eintragung einer Sicherungshypothek, die Zwangsversteigerung oder die Zwangsverwaltung auch in ein zum Nachlass gehöriges Grundstück beantragt werden, das im Grundbuch noch auf den Namen des Erblassers eingetragen ist, selbst wenn gegen den Erblasser kein Leistungsgebot ergangen war. Entsprechendes gilt, wenn gegen einen Testamentsvollstrecker in ein Grundstück vollstreckt werden soll, das seiner Verwaltung unterliegt (§ 40 GBO; § 17 Abs. 1, § 146 Abs. 1 ZVG). Die Erbfolge und die Bestellung zum Nachlasspfleger oder Nachlassverwalter bzw. die Befugnis des Testamentsvollstreckers, über das Grundstück zu verfügen, sind bei Eintragung einer Sicherungshypothek entsprechend Absatz 1 Sätze 1 bis 3 und bei Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung entsprechend Absatz 2 Satz 2 darzulegen.
48 Verfahren bei nachfolgendem Eigentumswechsel
Ist nach Eintragung einer Sicherungshypothek, einer Schiffshypothek oder eines Registerpfandrechts an einem Luftfahrzeug ein Eigentumswechsel eingetreten, hat die Vollstreckungsstelle gegen den Rechtsnachfolger einen Duldungsbescheid zu erlassen (Abschnitte 3 Abs. 3, 19 Abs. 1), bevor sie die Zwangsversteigerung oder die Zwangsverwaltung aus diesem Recht beantragt (§ 323 AO). Ein Duldungsbescheid ist in den Fällen des Abschnitts 30 Abs. 2 Satz 1 nicht erforderlich.
49 Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Grundbuchamts und des Vollstreckungsgerichts
1Lehnt das Grundbuchamt einen Antrag auf Eintragung einer Sicherungshypothek ab, so steht der Vollstreckungsbehörde gegen die Entscheidung die Beschwerde zu (§§ 71 bis 81 GBO). Die Beschwerde kann durch Beschwerdeschrift beim Grundbuchamt oder beim Beschwerdegericht (Landgericht) eingelegt werden (§ 73 GBO). Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist die weitere Beschwerde gegeben, wenn die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 78 GBO). Die weitere Beschwerde kann beim Grundbuchamt, Landgericht oder Oberlandesgericht eingelegt werden (§ 80 GBO). Beschwerde und weitere Beschwerde sind unbefristet.
2Gegen Entscheidungen des Amtsgerichts als Vollstreckungsgericht über einen Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung oder der Zwangsverwaltung oder auf Zulassung des Beitritts zu einem Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsverfahren steht der Vollstreckungsbehörde der Rechtsbehelf der sofortigen Beschwerde zu. Die sofortige Beschwerde ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen; die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses (§ 96 ZVG, § 569 ZPO). Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts über die sofortige Beschwerde ist die Rechtsbeschwerde gegeben, wenn sie im Beschluss zugelassen ist (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses über die sofortige Beschwerde bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen (§ 575 ZPO).
50 Behandlung öffentlicher Lasten bei der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung
1Ansprüche auf Entrichtung öffentlicher Lasten eines Grundstücks gewähren im Zwangsversteigerungsverfahren ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück (§ 10 Abs. 1 Nr. 3, 7 ZVG). Im Zwangsverwaltungsverfahren werden laufende Beträge öffentlicher Lasten ohne weiteres Verfahren aus den Überschüssen gezahlt (§ 155 Abs. 2, § 156 Abs. 1 ZVG). Zu den öffentlichen Lasten des Grundstücks gehört eine Steuer dann, wenn das Bestehen und der Umfang der Steuerpflicht von dem Vorhandensein und von den Eigenschaften des Grundstücks abhängt, zum Beispiel die Grundsteuer und Hypothekengewinnabgabe. Steuern, die an die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen anknüpfen (wie beispielsweise die Einkommensteuer oder die Körperschaftsteuer), sind vom Zwangsverwalter als Vermögensverwalter im Sinne des § 34 Absatz 3 in Verbindung mit Absatz 1 der Abgabenordung zu entrichten, soweit sie aus steuerpflichtigen Einkünften, die aus dem im Zwangsverwaltungsverfahren beschlagnahmten Grundstück erzielt werden, herrühren.
2Die in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Ansprüche werden - soweit sie nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sind - bei der Verteilung des Versteigerungserlöses nur dann berücksichtigt, wenn sie spätestens in dem Termin, den das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht zur Verteilung des Versteigerungserlöses anberaumt hat, bei diesem angemeldet worden sind (§ 114 ZVG). Zwecks Rangwahrung sind die Ansprüche spätestens bis zum Versteigerungstermin anzumelden (§ 37 Nr. 4, § 110 ZVG).
3Verwaltet die Finanzbehörde Abgaben, die unter die Bestimmung des Absatzes 1 Satz 1 fallen, hat die Vollstreckungsstelle sobald sie von der Anordnung der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung Kenntnis erlangt, bei der Kasse und der Veranlagungs- oder Festsetzungsstelle festzustellen, inwieweit rückständige oder laufende Ansprüche beim Amtsgericht als Vollstreckungsgericht anzumelden sind. Die Anmeldung hat schriftlich zu erfolgen. Sie soll die in Abschnitt 34 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 und 11 erster Halbsatz genannten Angaben sowie die Bezeichnung des Grundstücks enthalten. Soweit nicht nur laufende, sondern auch rückständige Beträge angemeldet werden, sollen die Zeitpunkte, an denen die Beträge fällig geworden sind, in der Anmeldung angegeben werden.
51 Versteigerungstermin
1Die Vollstreckungsbehörde soll in dem Versteigerungstermin vertreten sein. Wird das Mindestgebot nicht erreicht, so soll sie unter den Voraussetzungen des § 74 a des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung die Versagung des Zuschlags beantragen, soweit der Zuschlag nicht bereits nach § 85 a dieses Gesetzes zu versagen ist.
2In geeigneten Fällen kann die Vollstreckungsbehörde mit vorheriger Zustimmung der vorgesetzten Finanzbehörde im Versteigerungstermin auch als Mitbietender auftreten. Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder können das Verfahren im Einzelnen in eigener Zuständigkeit und auch abweichend von Satz 1 regeln.
Eidesstattliche Versicherung
52 Vermögensauskunft
1Der Vollstreckungsschuldner hat der Vollstreckungsbehörde auf deren Verlangen für die Vollstreckung einer Forderung Auskunft über sein Vermögen nach Maßgabe des § 284 der Abgabenordnung zu erteilen, wenn er die Forderung nicht binnen zwei Wochen begleicht, nachdem ihn die Vollstreckungsbehörde unter Hinweis auf die Verpflichtung zur Abgabe der Vermögensauskunft zur Zahlung aufgefordert hat. Die Ladung zu dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft liegt im Ermessen der Vollstreckungsbehörde und kann mit der Fristsetzung zur Begleichung der Forderung verbunden werden. Sie ist dem Vollstreckungsschuldner selbst zuzustellen. Der Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft soll nicht vor Ablauf eines Monats nach Zustellung der Ladung bestimmt werden. Ein Rechtsbehelf gegen die Anordnung der Abgabe der Vermögensauskunft hat keine aufschiebende Wirkung. Der Vollstreckungsschuldner hat die zur Vermögensauskunft erforderlichen Unterlagen im Termin vorzulegen. Hierüber, über seine Rechte und Pflichten nach § 284 Absatz 2 und 3 der Abgabenordnung, über die Folgen einer unentschuldigten Terminversäumnis oder einer Verletzung seiner Auskunftspflichten sowie über die Möglichkeit einer Eintragung in das Schuldnerverzeichnis bei Abgabe der Vermögensauskunft ist der Vollstreckungsschuldner bei der Ladung zu belehren (§ 284 Absatz 6 AO).
2Die Vollstreckungsbehörde hat von Amts wegen festzustellen, ob beim zentralen Vollstreckungsgericht nach § 802k Absatz 1 der Zivilprozessordnung in den letzten zwei Jahren ein auf Grund einer Vermögensauskunft des Schuldners erstelltes Vermögensverzeichnis hinterlegt wurde. Hat der Vollstreckungsschuldner innerhalb der letzten zwei Jahre eine Vermögensauskunft abgegeben, ist eine erneute Abgabe nur zulässig, wenn anzunehmen ist, dass sich seine Vermögensverhältnisse wesentlich geändert haben (§ 284 Absatz 4 AO).
3Für die Abnahme der Vermögensauskunft ist grundsätzlich die Vollstreckungsbehörde zuständig, in deren Bezirk sich der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthaltsort des Vollstreckungsschuldners befindet (§ 284 Absatz 5 AO). Die Abnahme der Vermögensauskunft darf nicht erzwungen werden, wenn der Vollstreckungsschuldner nicht bereit ist, die Vermögensauskunft vor einer anderen als der für seinen Wohnsitz örtlich zuständigen Vollstreckungsbehörde abzugeben. In diesem Falle hat die Vollstreckungsbehörde, die die Vollstreckung betreibt, die für den Wohnsitz des Vollstreckungsschuldners zuständige Vollstreckungsbehörde um Abnahme der Vermögensauskunft zu ersuchen.
4Im Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft erstellt die Vollstreckungsbehörde anhand der vom Vollstreckungsschuldner nach § 284 Absatz 1 und 2 der Abgabenordnung zu machenden Angaben ein elektronisches Dokument (Vermögensverzeichnis). Das elektronische Dokument sollte maschinenschriftlich erstellt werden. Das erstellte Vermögensverzeichnis ist dem Vollstreckungsschuldner vorzulesen oder zur Durchsicht auf dem Bildschirm wiederzugeben. Auf Verlangen ist ihm ein Ausdruck zu erteilen. Der Vollstreckungsschuldner hat zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er seine im Vermögensverzeichnis gemachten Angaben nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht hat. Die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung liegt nicht im Ermessen der Vollstreckungsbehörde. Vor Abnahme der eidesstattlichen Versicherung hat die Vollstreckungsbehörde den Vollstreckungsschuldner über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen Vermögensauskunft zu belehren. Das Vermögensverzeichnis ist von der Vollstreckungsbehörde bei dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 802k Absatz 1 der Zivilprozessordnung zu hinterlegen. Die Vollstreckungsbehörde hat das Vermögensverzeichnis auszuwerten und sich hieraus ergebende Vollstreckungsmöglichkeiten zeitnah zu nutzen.
5Verweigert der Vollstreckungsschuldner ohne Grund die Abgabe der Vermögensauskunft oder erscheint er ohne ausreichende Entschuldigung nicht zu dem zur Abgabe der Vermögensauskunft anberaumten Termin vor der zuständigen Vollstreckungsbehörde (§ 284 Absatz 5 Satz 1 AO), kann die Vollstreckungsbehörde, die die Vollstreckung betreibt, das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Vollstreckungsschuldner zum Zeitpunkt der Zahlungsaufforderung nach § 284 Absatz 1 Satz 1 der Abgabenordnung seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthaltsort hat, um Anordnung der Erzwingungshaft ersuchen (§ 284 Absatz 8 AO). Das Ersuchen ist dem Amtsgericht zuzustellen, in der Regel gegen Empfangsbekenntnis. Gleichzeitig ist dem Vollstreckungsschuldner eine Durchschrift des Ersuchens zu übersenden. Lehnt das Amtsgericht den Antrag der Vollstreckungsbehörde auf Anordnung der Erzwingungshaft ab, ist gegen den Beschluss die sofortige Beschwerde (§ 567 ZPO) sowie gegen eine ablehnende Beschwerdeentscheidung die Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO), soweit diese zugelassen worden ist, möglich.
6Für die Verhaftung des Vollstreckungsschuldners auf Grund der Haftanordnung des Amtsgerichts ist der Gerichtsvollzieher zuständig. Die Vorschriften der §§ 802g bis 802j der Zivilprozessordnung sind entsprechend anzuwenden. Die Vollstreckungsbehörde hat dem Gerichtsvollzieher den geschuldeten Betrag sowie den Schuldgrund mitzuteilen und ihn zu ermächtigen, den geschuldeten Betrag anzunehmen und über den Empfang Quittung zu erteilen. Über Rückstandsminderungen nach dem Antrag auf Vollzug des Haftbefehls ist der zuständige Gerichtsvollzieher unverzüglich zu informieren. Der Vollstreckungsschuldner kann die Verhaftung dadurch abwenden, dass er den geschuldeten Betrag in voller Höhe an den Gerichtsvollzieher zahlt oder nachweist, dass er den Betrag entrichtet hat oder dass ihm eine Zahlungsfrist bewilligt worden oder die Schuld erloschen ist. Die Verhaftung kann auch dadurch abgewendet werden, dass der Vollstreckungsschuldner dem Gerichtsvollzieher eine Entscheidung vorlegt, aus der sich die Unzulässigkeit der Maßnahme ergibt. Ist der verhaftete Vollstreckungsschuldner zur Abgabe der Vermögensauskunft bereit (§ 802i ZPO), hat ihn der Gerichtsvollzieher grundsätzlich der Vollstreckungsbehörde zur Abnahme der Vermögensauskunft vorzuführen. Abweichend hiervon kann die Vermögensauskunft von dem Gerichtsvollzieher abgenommen werden, wenn sich der Sitz der Vollstreckungsbehörde nicht im Bezirk des für den Gerichtsvollzieher zuständigen Amtsgerichts befindet oder die Abnahme der Vermögensauskunft durch die Vollstreckungsbehörde nicht möglich ist. Gibt der Vollstreckungsschuldner nicht innerhalb einer sechsmonatigen Haftzeit die Vermögensauskunft beim Gerichtsvollzieher ab, kann der Vollstreckungsschuldner auch auf Antrag eines anderen Gläubigers innerhalb der folgenden zwei Jahre nur unter den Voraussetzungen des § 802d der Zivilprozessordnung erneut zur Abgabe einer Vermögensauskunft durch Haft angehalten werden (§ 802j Absatz 3 ZPO). Entfallen die Voraussetzungen für den Vollzug des Haftbefehls nachträglich endgültig, ist das zuständige Amtsgericht um Aufhebung des Haftbefehls zu ersuchen.
7Die Vollstreckungsbehörde kann nach § 284 Absatz 9 der Abgabenordnung die Eintragung des Vollstreckungsschuldners in das Schuldnerverzeichnis anordnen wenn
- der Vollstreckungsschuldner seiner Verpflichtung zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen ist,
- eine Vollstreckung nach dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses offensichtlich nicht geeignet wäre, zu einer vollständigen Befriedigung der Forderung zu führen oder
- der Vollstreckungsschuldner nicht innerhalb eines Monats nach Abgabe der Vermögensauskunft die Forderung, wegen derer die Vermögensauskunft verlangt wurde, vollständig befriedigt.
In Fällen, in denen der Vollstreckungsschuldner innerhalb der letzten zwei Jahre bereits eine Vermögensauskunft nach § 284 der Abgabenordnung oder § 802c der Zivilprozessordnung abgegeben hat und dadurch die Sperrwirkung für die Abnahme einer neuen Vermögensauskunft eingetreten ist (§ 284 Absatz 4 AO), kann die Vollstreckungsbehörde eine isolierte Eintragung des Vollstreckungsschuldners in das Schuldnerverzeichnis ohne vorherige Zahlungsaufforderung nach § 284 Absatz 1 Satz 1 der Abgabenordnung anordnen, wenn vollstreckbare Ansprüche bestehen und
- eine Vollstreckung dieser Forderungen nach dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses nicht zur vollständigen Befriedigung der Ansprüche führen würde (§ 284 Absatz 9 Nummer 2 zweite Alternative AO)
oder
- der Vollstreckungsschuldner diese Ansprüche nicht innerhalb eines Monats befriedigt, nachdem er auf die Möglichkeit der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis hingewiesen worden ist (§ 284 Absatz 9 Nummer 3 Satz 2 AO).
8Die Eintragungsanordnung, welche dem Vollstreckungsschuldner zuzustellen ist, ist eine Ermessensentscheidung, die kurz begründet werden soll. Nach Ablauf eines Monats seit der Zustellung hat die Vollstreckungsbehörde die Eintragungsanordnung dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Absatz 1 der Zivilprozessordnung mit den folgenden Daten (§ 882b Absatz 2 und 3 ZPO) elektronisch zu übermitteln:
- den Namen, den Vornamen und den Geburtsnamen des Vollstreckungsschuldners sowie die Firma und deren Nummer im Handelsregister,
- das Geburtsdatum, den Geburtsort des Vollstreckungsschuldners,
- die Wohnsitze oder den Sitz des Vollstreckungsschuldners,
- das Aktenzeichen der Finanzbehörde.
- das Datum der Eintragungsanordnung,
- den Grund für die Eintragungsanordnung,
- einschließlich abweichender Personendaten.
Ein Rechtsbehelf gegen die Eintragungsanordnung hat keine aufschiebende Wirkung. Liegen allerdings Anträge auf Aussetzung der Vollziehung gemäß § 361 der Abgabenordnung, § 69 der Finanzgerichtsordnung vor, die Aussicht auf Erfolg haben, ist die Übermittlung an das zentrale Vollstreckungsgericht zunächst zurück zu stellen (§ 284 Absatz 10 AO).
Nach der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis sind Entscheidungen über Rechtsbehelfe gegen die Eintragungsanordnung dem zentralen Vollstreckungsgericht elektronisch zu übermitteln (§ 284 Absatz 11 AO).
9Ist der Vollstreckungsschuldner nicht selbst handlungsfähig (§ 79 AO), ist die Vermögensauskunft vom Vertreter des Vollstreckungsschuldners abzugeben.
10Hat ein Vollstreckungsschuldner in einer auf Betreiben der Vollstreckungsbehörde abgelegten Vermögensauskunft vorsätzlich unvollständige oder falsche Angaben gemacht (§ 156 StGB), darf nach § 30 Absatz 5 der Abgabenordnung bei der Strafverfolgungsbehörde Strafanzeige erstattet werden.
53 Eidesstattliche Versicherung
Die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung kann verlangt werden, wenn der Vollstreckungsschuldner die zur Geltendmachung einer von der Vollstreckungsbehörde gepfändeten Forderung nötige Auskunft verweigert. Sie kann auch verlangt werden, wenn wegen Herausgabe einer Urkunde, die über eine gepfändete Forderung des Vollstreckungsschuldners besteht, die Vollstreckung gegen den Vollstreckungsschuldner versucht, die Urkunde aber nicht vorgefunden worden ist (§ 315 Absatz 2, 3 AO). Die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung steht im Ermessen der Finanzbehörde. Die Vorschriften des Abschnitts 52 Absatz 1, 3, 5, 6, 9 und 10 sind sinngemäß anzuwenden.
Vierter Teil - Arrest
54 Dinglicher Arrest
1Gegen den Steuerschuldner und den Haftungsschuldner sowie gegen den Duldungspflichtigen kann die für die Steuerfestsetzung zuständige Finanzbehörde den dinglichen Arrest (§ 324 AO) anordnen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Ein Arrestanspruch: Es muss glaubhaft sein, dass der Finanzbehörde ein Anspruch auf eine Geldleistung gegen den Schuldner oder Duldungspflichtigen zusteht. Es ist nicht erforderlich, dass der Anspruch zahlenmäßig feststeht; es genügt, dass er begründet ist, auch wenn er bedingt oder betagt ist.
- Ein Arrestgrund: Es muss zu besorgen sein, dass ohne die Anordnung des Arrestes die Vollstreckung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Liegt ein Leistungsgebot oder eine Steueranmeldung vor (Abschnitt 19), auf Grund deren vollstreckt werden kann, besteht kein Arrestgrund.
2Der dingliche Arrest wird schriftlich angeordnet. Die Arrestanordnung muss enthalten:
- Familienname, Vornamen, Wohnort und Wohnung des Arrestschuldners,
- die Tatsachen, aus denen sich Bestehen und Höhe des Arrestanspruchs (Absatz 1 Nr. 1) ergeben. Umfasst eine Arrestanordnung mehrere Ansprüche, sind die Beträge einzeln anzugeben,
- die Tatsachen, aus denen sich der Arrestgrund (Absatz 1 Nr. 2) ergibt,
- den Ausspruch, dass zur Sicherung des Arrestanspruchs der dingliche Arrest in das Vermögen des Arrestschuldners angeordnet wird. Die Arrestanordnung muss einen bestimmten Geldbetrag (Arrestsumme) bezeichnen, bis zu dessen Höhe der Arrest vollzogen werden kann. Ein Leistungsgebot (Abschnitt 19) darf in die Arrestanordnung nicht aufgenommen werden,
- die Angabe des Geldbetrages, bei dessen Hinterlegung die Vollziehung des Arrestes gehemmt und der vollzogene Arrest aufzuheben ist (Hinterlegungssumme). Die Hinterlegungssumme ist so zu bemessen, dass Hauptanspruch und Nebenleistungen gedeckt sind,
- die Unterschrift eines zuständigen Bediensteten und den Abdruck des Dienststempels der Finanzbehörde.
3Die Arrestanordnung hat eine Rechtsbehelfsbelehrung zu enthalten. Als Rechtsbehelf ist sowohl der Einspruch nach § 347 Abs. 1 der Abgabenordnung als auch die Anfechtungsklage nach § 45 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung gegeben.
4Die Arrestanordnung ist dem Arrestschuldner zuzustellen. Eine Ausfertigung der Arrestanordnung ist zum Zwecke der Vollziehung (Abschnitt 55) unverzüglich der Vollstreckungsstelle zuzuleiten.
5Die Arrestanordnung ist aufzuheben, wenn nach ihrem Erlass Umstände bekannt werden, die die Arrestanordnung nicht mehr gerechtfertigt erscheinen lassen (§ 325 AO). Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 2 finden entsprechende Anwendung. Die Aufhebung der Arrestanordnung ist dem Arrestschuldner mitzuteilen.
55 Vollziehung des Arrestes
1Die Vollziehung einer Arrestanordnung obliegt der Vollstreckungsstelle. Die Vollziehung wird nicht dadurch gehemmt, dass der Arrestschuldner gegen die Arrestanordnung Einspruch einlegt oder Anfechtungsklage erhebt (§ 361 Abs. 1 AO, § 69 Abs. 1 FGO). Auf die Vollziehung des Arrestes sind die §§ 930 bis 932 der Zivilprozessordnung sowie § 99 Abs. 2 und § 106 Abs. 1, 3 und 5 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen entsprechend anzuwenden; an die Stelle des Arrestgerichts und des Vollstreckungsgerichts tritt die Vollstreckungsbehörde, an die Stelle des Gerichtsvollziehers der Vollziehungsbeamte. Soweit auf die Vorschriften über die Pfändung verwiesen wird, sind die entsprechenden Vorschriften der Abgabenordnung anzuwenden. Gepfändete bewegliche Sachen dürfen grundsätzlich nicht verwertet werden. Bei der Pfändung von Forderungen und anderen Vermögensrechten darf grundsätzlich die Einziehung nicht angeordnet werden. Es kann jedoch verlangt werden, dass die geschuldete Leistung bei Fälligkeit der Schuld hinterlegt wird. Soll der Arrest in ein Grundstück vollzogen werden, kann nur Eintragung einer Sicherungshypothek (Arresthypothek) beantragt werden; Zwangsverwaltung oder Zwangsversteigerung sind nicht statthaft (§ 932 ZPO).
2Die Vorschriften der §§ 254, 259 der Abgabenordnung gelten für die Arrestvollziehung nicht. Die Vollziehung der Arrestanordnung ist unzulässig, wenn seit dem Tag, an dem die Anordnung unterzeichnet worden ist, ein Monat verstrichen ist (§ 324 Abs. 3 AO). Die Vollziehung ist auch schon vor der Zustellung an den Arrestschuldner zulässig; sie ist jedoch ohne Wirkung, wenn die Zustellung nicht innerhalb einer Woche nach der Vollziehung und innerhalb eines Monats seit der Unterzeichnung erfolgt. Bei Zustellung im Ausland und öffentlicher Zustellung gilt § 169 Abs. 1 Satz 3 der Abgabenordnung entsprechend.
3Auf Grund der Arrestanordnung kann der Arrestschuldner unter den Voraussetzungen des § 284 der Abgabenordnung zur Abgabe der Vermögensauskunft geladen werden. § 284 der Abgabenordnung und der Abschnitt 52 sind entsprechend anzuwenden. Ferner kann der Arrestschuldner zur Leistung der eidesstattlichen Versicherung herangezogen werden, wenn ein Versuch, den Arrest in das bewegliche Vermögen des Arrestschuldners zu vollziehen oder nach Maßgabe des § 315 Absatz 2 Satz 2 der Abgabenordnung eine Urkunde, zum Beispiel einen Hypotheken- oder Grundschuldbrief gem. § 310 Absatz 1 Satz 1 oder § 321 Absatz 6 der Abgabenordnung, zu erlangen, erfolglos geblieben ist. Die Vorschriften des § 315 Absatz 3, 4 der Abgabenordnung und des Abschnitts 53 Sätze 2 und 3 sind entsprechend anzuwenden.
4Hat der Arrestschuldner oder ein Dritter den Betrag der Hinterlegungssumme (Abschnitt 54 Abs. 2 Nr. 5 Satz 1) in Geld hinterlegt, hat die Vollstreckungsstelle von Maßnahmen der Arrestvollziehung Abstand zu nehmen. Das gleiche gilt, wenn mit Genehmigung der Vollstreckungsstelle in anderer Weise als durch Hinterlegung von Geld Sicherheit für den Betrag der Hinterlegungssumme geleistet wird (§§ 241, 246, 247 AO).
5Wird der Anspruch, zu dessen Sicherung der dingliche Arrest angeordnet worden ist, nicht erfüllt, hat die Vollstreckungsbehörde, sobald für den Anspruch ein vollstreckbares Leistungsgebot vorliegt (§ 254 AO), Sicherheiten, die der Arrestschuldner zur Abwendung der Arrestvollziehung (Absatz 4) bestellt oder die Vollstreckungsbehörde durch Vollziehung des Arrestes erlangt hat, zu verwerten (vgl. § 327 AO). Die Verwertung der Sicherheiten obliegt der Vollstreckungsstelle. Mit der Verwertung darf erst begonnen werden, wenn dem Vollstreckungsschuldner die Verwertungsabsicht schriftlich bekannt gegeben und seit der Bekanntgabe mindestens eine Woche verstrichen ist. Ein Pfandrecht, das an einem Vermögensgegenstand des Vollstreckungsschuldners besteht, wird in gleicher Weise verwertet wie ein durch Vollstreckung erlangtes Pfandrecht. Bei der Pfändung von Forderungen und anderen Vermögensrechten ist die Einziehung anzuordnen, sofern nicht auf andere Art zu verwerten ist.
56 Persönlicher Sicherheitsarrest
1Die für die Steuerfestsetzung zuständige Finanzbehörde kann bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk die Finanzbehörde ihren Sitz hat oder sich der Pflichtige befindet, einen Antrag auf Anordnung eines persönlichen Sicherheitsarrestes (§ 326 AO) stellen, wenn ein Arrestanspruch und ein Arrestgrund (vgl. Abschnitt 54 Abs. 1 Nr. 1 und 2) vorliegen. Der Antrag ist nur zulässig, wenn andere Mittel zur Sicherung der Vollstreckung, namentlich der dingliche Arrest, ohne Erfolg waren oder voraussichtlich keinen Erfolg haben werden.
2In dem Antrag hat die Finanzbehörde den Anspruch nach Art und Höhe sowie die Tatsachen anzugeben, die den besonderen Arrestgrund für den persönlichen Sicherheitsarrest ergeben.
3Die Finanzbehörde bedarf für den Antrag auf Anordnung des persönlichen Sicherheitsarrestes der Zustimmung der vorgesetzten Finanzbehörde. Die Zustimmung soll vor Absendung des Antrages eingeholt werden. Ist Gefahr im Verzug, darf der Antrag auch ohne vorherige Zustimmung gestellt werden. In diesem Falle ist die Genehmigung der vorgesetzten Finanzbehörde unverzüglich einzuholen. Wird diese versagt, ist der Antrag umgehend zurückzunehmen.
4Die Anordnung und Aufhebung des persönlichen Sicherheitsarrestes erfolgen durch das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Finanzbehörde ihren Sitz hat oder sich der Pflichtige befindet.
Fünfter Teil - Insolvenzverfahren
57 Verfahrensarten
1Das Insolvenzrecht unterscheidet zwischen
- dem Regelinsolvenzverfahren (§§ 1 bis 285 InsO),
- dem Verbraucherinsolvenzverfahren (§§ 304 bis 311 InsO),
- besonderen Arten eines Insolvenzverfahrens (§§ 315 bis 334 InsO; zum Beispiel der Nachlassinsolvenz).
2Das Regelinsolvenzverfahren wird durchgeführt, soweit nicht ein Verbraucherinsolvenzverfahren (Absatz 3) oder ein Verfahren nach §§ 315 bis 334 der Insolvenzordnung in Betracht kommt. Im Regel- und Verbraucherinsolvenzverfahren wird die gemeinschaftliche Befriedigung der Gläubiger dadurch erreicht, dass entweder das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung getroffen wird (Abschnitte 60, 61).
3Bei natürlichen Personen, die keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben oder ausgeübt haben (§ 304 Abs. 1 Satz 1 InsO), wird das Verbraucherinsolvenzverfahren durchgeführt (Abschnitt 63). Bei natürlichen Personen, die eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt haben, wird das Verbraucherinsolvenzverfahren durchgeführt, wenn ihre Vermögensverhältnisse überschaubar sind und gegen sie keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen (§ 304 Abs. 1 Satz 2 InsO).
4Ist der Schuldner eine natürliche Person, so kann er im Regel- oder Verbraucherinsolvenzverfahren einen Antrag auf Durchführung des Restschuldbefreiungsverfahrens stellen (Abschnitt 64).
58 Eröffnungsantrag der Vollstreckungsbehörde
1Der Antrag, über das Vermögen des Vollstreckungsschuldners das Insolvenzverfahren zu eröffnen, kann gestellt werden, wenn dem Vollstreckungsgläubiger eine Geldforderung zusteht, bei der die Voraussetzungen für die Einzelvollstreckung vorliegen (Abschnitt 4, § 254 AO) und ein Insolvenzgrund (Absatz 2) glaubhaft gemacht werden kann (§ 14 InsO).
2Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens setzt die Zahlungsunfähigkeit des Vollstreckungsschuldners voraus, soweit nicht auch Überschuldung als Insolvenzgrund bestimmt ist. Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. In der Regel ist Zahlungsunfähigkeit anzunehmen, wenn Zahlungseinstellung erfolgt ist (§ 17 Abs. 2 InsO). Für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen von juristischen Personen des Privatrechts, von Personengesellschaften (§ 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO), wenn kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder eines nicht rechtsfähigen Vereins, der als Verein verklagt werden kann (§ 11 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 54 BGB, § 50 Abs. 2 ZPO), oder einen Nachlass (§ 320 InsO) bildet sowohl die Zahlungsunfähigkeit als auch die Überschuldung einen Insolvenzgrund. Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt (§ 19 Abs. 2 InsO). Für eingetragene Genossenschaften enthält § 98 des Genossenschaftsgesetzes Sondervorschriften
3Ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens obliegt grundsätzlich der Vollstreckungsbehörde, die die Vollstreckung betreibt. Er muss Angaben zu den geschuldeten Beträgen und zum Insolvenzgrund enthalten.
4Lehnt das Insolvenzgericht (§ 3 InsO) einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab, steht der Vollstreckungsbehörde gegen die Entscheidung das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu (§ 34 Absatz 1 InsO). Die Beschwerde ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Insolvenzgericht, dessen Entscheidung angefochten wird (§ 6 Absatz 1 Satz 2 InsO), durch Beschwerdeschrift einzureichen (§ 4 InsO, § 569 ZPO). Die Frist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung (§ 6 Absatz 2 InsO).
59 Kostenvorschuss
1Macht das Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens von der Leistung eines Kostenvorschusses abhängig, so ist dieser in der Regel erst dann einzuzahlen, wenn sich aus den Ermittlungen des Insolvenzgerichts oder nach Aktenlage ergibt, dass voraussichtlich mit einer Insolvenzmasse zu rechnen ist, die eine nennenswerte Befriedigung erwarten lässt (zum Beispiel durch Insolvenzanfechtung). Das kann der Fall sein, wenn durch weitere Sachverhaltsaufklärung, zum Beispiel durch eidliche Vernehmung des Schuldners oder auf Grund der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners oder Dritter gemäß §§ 5, 97 ff. InsO, mit Hinweisen auf verwertbares Vermögen gerechnet werden kann, oder Auslandsvermögen zu vermuten ist.
2Hat die Vollstreckungsbehörde einen Vorschuss geleistet, so kann dieser im Fall der nicht vollständigen Rückerstattung aus der Masse von Personen zurückverlangt werden, die eine rechtzeitige Antragstellung pflichtwidrig und schuldhaft unterlassen haben (§ 26 Abs. 3 InsO).
60 Steuerforderungen im Insolvenzverfahren
1Die persönlichen Ansprüche des Vollstreckungsgläubigers gegen den Vollstreckungsschuldner (Abschnitt 3 Absatz 1, 2) sind, soweit sie zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet sind - vorbehaltlich § 55 Absatz 2 und 4 der Insolvenzordnung -, in der Regel Insolvenzforderungen (§ 38 InsO). Dies gilt auch, wenn dem Vollstreckungsgläubiger neben dem persönlichen Anspruch ein Recht auf abgesonderte Befriedigung zusteht (§§ 49 bis 51, 165 bis 173 InsO). Geldbußen, Ordnungsgelder, Zwangsgelder sowie ab Verfahrenseröffnung anfallende Zinsen und Säumniszuschläge sind nachrangige Insolvenzforderungen im Sinne von § 39 der Insolvenzordnung.
2Ist über das Vermögen eines Vollstreckungsschuldners das Insolvenzverfahren eröffnet worden, können die Insolvenzgläubiger ihre Ansprüche während der Dauer des Verfahrens weder in das zum Zeitpunkt der Eröffnung vorhandene noch in das danach vom Schuldner erworbene Vermögen (sog. Neuerwerb) im Wege der Einzelzwangsvollstreckung verfolgen (§ 89 InsO). Für die Geltendmachung der Abgabenforderungen sind grundsätzlich die Vorschriften der Insolvenzordnung maßgeblich (§ 251 Abs. 2 Satz 1 AO). Während des Insolvenzverfahrens dürfen hinsichtlich der Insolvenzforderungen Verwaltungsakte über die Festsetzung und Anforderung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis nicht mehr ergehen. Bescheide, die einen Erstattungsanspruch zugunsten der Insolvenzmasse festsetzen, können bekannt gegeben werden. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird der Erlass von Steuermess- und Feststellungsbescheiden gehindert, soweit diese ausschließlich Besteuerungsgrundlagen feststellen, auf deren Grundlage Insolvenzforderungen anzumelden sind. In Gewerbesteuerfällen teilt die Festsetzungsstelle der steuerberechtigten Körperschaft den berechneten Messbetrag formlos für Zwecke der Anmeldung im Insolvenzverfahren mit.
3Sobald die Vollstreckungsstelle von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 30 InsO) Kenntnis erlangt, sind alle in Betracht kommenden Festsetzungsstellen, evtl. auch Stellen anderer Finanzbehörden (zum Beispiel der für die Festsetzung der Erbschaft- und Schenkungsteuer zuständigen Finanzbehörde), zu informieren. Diese haben zu ermitteln, ob außer den bereits angezeigten Ansprüchen noch weitere Abgabenforderungen gegen den Schuldner bestehen. Dazu gehören auch Forderungen, die noch nicht festgesetzt, aber im Zeitpunkt der Eröffnung bereits begründet sind.
4Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners aus dem Steuerschuldverhältnis, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit (§ 55 Absatz 4 der Insolvenzordnung). Hat dagegen das Insolvenzgericht im Antragsverfahren zur Sicherung der Masse einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt (§ 21 Absatz 2 Nummer 1, 2 erste Alternative der Insolvenzordnung), ist Absatz 2 Satz 2 bis 5 entsprechend anzuwenden. Ab diesem Zeitpunkt begründete Abgabenansprüche gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als sonstige Masseverbindlichkeiten (§ 55 Absatz 2 der Insolvenzordnung). Nur die bis zum Zeitpunkt der Bestellung des vorläufigen Verwalters begründeten Abgabenforderungen sind Insolvenzforderungen. Wird das Verfahren nicht eröffnet, hat der vorläufige Insolvenzverwalter die von ihm begründeten Abgabenforderungen aus dem von ihm verwalteten Vermögen zu erfüllen (§ 25 Absatz 2 der Insolvenzordnung).
5Hat das Insolvenzgericht im Eröffnungsbeschluss angeordnet, dass dem Verwalter vorab mitzuteilen ist, ob Sicherungsrechte an Sachen und Rechten des Schuldners in Anspruch genommen werden, sind die erforderlichen Angaben zu Pfändungspfand- und sonstigen Sicherungsrechten unverzüglich dem Insolvenzverwalter bekannt zu geben (§ 28 Abs. 2 InsO).
6Die Abgabenforderungen sind innerhalb der gesetzten Frist schriftlich beim Insolvenzverwalter - im Fall der Eigenverwaltung beim Sachwalter - anzumelden (§§ 87, 27, 28 Absatz 1, § 174 Absatz 1, § 270c Satz 2 InsO), soweit nicht die Möglichkeit einer Aufrechnung (§§ 94 bis 96 InsO) besteht. Dies gilt auch, soweit außer dem Schuldner noch ein anderer die Leistung schuldet oder dafür haftet. Die Anmeldung soll die in Abschnitt 34 Absatz 2 Nrn. 1 bis 7 und 11 erster Halbsatz bezeichneten Angaben sowie eine Erklärung darüber enthalten, ob für die Abgabenforderung abgesonderte Befriedigung begehrt wird (§§ 49 bis 52, 174 InsO). Die Anmeldung soll ferner einen Hinweis darauf enthalten, welche Forderungen vor der Eröffnung festgesetzt oder vorangemeldet und welche unanfechtbar sind. Nachrangige Abgabenforderungen im Sinne des § 39 der Insolvenzordnung sind nur anzumelden, soweit das Insolvenzgericht hierzu ausdrücklich auffordert (§ 174 Absatz 3 InsO); das Vollstreckungsverbot (§ 89 InsO) bleibt unberührt. Abgabenansprüche können auch nach Ablauf der Frist jederzeit nachgemeldet werden (§ 177 InsO). Liegt der Forderung eine Steuerstraftat des Schuldners nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung zugrunde, sind neben dem Grund und dem Betrag der Forderung auch die Tatsachen, aus denen sich nach Einschätzung der Finanzbehörde eine entsprechende Steuerstraftat ergibt, anzugeben.
7Ist eine zur Tabelle angemeldete Abgabenforderung vom Verwalter oder einem Insolvenzgläubiger im Prüfungstermin bestritten worden, erteilt das Insolvenzgericht einen beglaubigten Auszug aus der Tabelle. Die Vollstreckungsbehörde hat den Anspruch zeitnah durch Erlass eines Feststellungsbescheides gemäß § 251 Abs. 3 der Abgabenordnung selbst zu verfolgen, soweit die Eigenschaft als Insolvenzforderung bestritten wird oder der Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens weder einen Festsetzungsbescheid noch ein Leistungsgebot erhalten oder - wenn die Vollstreckbarkeit von einer Steueranmeldung (§§ 167, 168 AO) abhängt - keine Steueranmeldung abgegeben hat (nicht titulierte Forderungen, § 179 Abs. 1 InsO). Es bleibt jedoch der Vollstreckungsbehörde - insbesondere zur Erlangung des Stimmrechts (§ 77 InsO) - unbenommen, den Widerspruch auch dann zu verfolgen, wenn der Schuldner bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Festsetzungsbescheid bzw. ein Leistungsgebot erhalten oder eine Steueranmeldung abgegeben hat (titulierte Forderung, § 179 Abs. 2 InsO). Die Verfolgung der bestrittenen und im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bereits bestandskräftigen titulierten Forderungen kann durch Feststellungsbescheid gemäß § 251 Abs. 3 der Abgabenordnung geschehen; festzustellen ist lediglich, dass die angemeldete Forderung bestandskräftig festgesetzt ist und die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung (§ 110 AO) oder eine Korrektur (§§ 129 ff., 164, 165, 172 ff. AO) nicht vorliegen. Eine durch die Verfahrenseröffnung oder die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis (§ 22 Abs. 1 InsO) unterbrochene Rechtsbehelfsfrist wird durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Bestreitenden in Lauf gesetzt. § 240 Satz 1 und § 249 Abs. 1 ZPO sind entsprechend anzuwenden. War zu diesem Zeitpunkt bereits ein Einspruch anhängig, ist das Steuerstreitverfahren aufzunehmen (§ 180 Abs. 2 InsO). Die für eine Feststellung der bestrittenen Forderungen erforderlichen Maßnahmen werden auf Veranlassung der Vollstreckungsstelle von den Festsetzungsstellen oder den Rechtsbehelfsstellen betrieben. Das Bestreiten der Abgabenforderungen durch den Schuldner hindert deren Feststellung nicht (§ 178 Abs. 1 InsO). Verfolgt die Vollstreckungsbehörde den Anspruch gegenüber dem Schuldner, um nach Beendigung oder Aufhebung des Insolvenzverfahrens über einen vollstreckbaren Titel zu verfügen, sind während der Verfahrensdauer lediglich feststellende Verwaltungsakte zulässig.
61 Insolvenzplan
1In einem Insolvenzplan, der nur vom Verwalter oder vom Schuldner eingebracht werden kann, können die Beteiligten - insbesondere mit dem Ziel der (Teil-)Sanierung - von den Regelungen der Insolvenzordnung abweichende Vereinbarungen treffen. Von den Forderungen werden durch die Regelungen des Insolvenzplans ausschließlich Insolvenzforderungen im Sinne der §§ 38, 39 der Insolvenzordnung betroffen Die Vollstreckungsbehörde kann im Rahmen der Gläubigerversammlung auf die Erstellung und den Inhalt eines Insolvenzplans einwirken (§§ 74 ff., 157 InsO).
2Weist das Insolvenzgericht den Plan nicht gemäß § 231 der Insolvenzordnung zurück, hat es diesen mit den Stellungnahmen der Beteiligten (§ 232 InsO) in der Geschäftsstelle zur Einsichtnahme niederzulegen (§ 234 InsO), einen Erörterungs- und Abstimmungstermin zu bestimmen (§ 235 Abs. 1 InsO) und die Insolvenzgläubiger unter Beifügung des Plans beziehungsweise einer Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts zu laden (§ 235 Abs. 3 InsO). Nach Eingang des Plans hat die Vollstreckungsstelle unter Einbindung der weiterhin beteiligten Dienststellen zu prüfen, ob sämtliche angemeldeten Ansprüche enthalten sind, der Planvorschlag nach den im Plan beziehungsweise in den Anlagen hierzu dargestellten wirtschaftlichen Verhältnissen und der voraussichtlichen Entwicklung der wirtschaftlichen Lage realisierbar ist und die Regelungen im gestaltenden Teil des Plans (Zahlungen, Verzichte) im Verhältnis zu den anderen Gläubigern angemessen sind. Es ist insbesondere darauf zu achten, dass die Vollstreckungsbehörde durch den Plan nicht schlechter gestellt wird, als sie ohne den Plan stünde. Soweit absehbar ist, dass zum Beispiel infolge erheblicher Steuerforderungen oder der Beteiligung mehrerer Vollstreckungsbehörden eine zeitaufwendige Prüfung notwendig ist, sollte die Vollstreckungsstelle den Insolvenzplan und die von den Beteiligten eingegangenen Stellungnahmen auch vorab bei der Geschäftsstelle des Gerichts einsehen (§ 235 Abs. 2 InsO).
3Hat der Insolvenzverwalter oder ein stimmberechtigter Gläubiger angemeldete Forderungen oder Absonderungsrechte bestritten, ist das Feststellungsverfahren zeitnah zu betreiben (Abschnitt 60 Abs. 7), weil zunächst nur die bereits festgestellten Forderungen und Absonderungsrechte ein Stimmrecht gewähren (§§ 237, 238 in Verbindung mit § 77 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 1 InsO).
4Für die Zustimmung zum Insolvenzplan sind weitgehend wirtschaftliche Gesichtspunkte maßgeblich. Eine Zustimmung kommt regelmäßig dann nicht in Betracht, wenn
- auf Grund des bisherigen Verhaltens nicht mit der ordnungsgemäßen Erfüllung steuerlicher Pflichten zu rechnen ist,
- die Planvereinbarungen voraussichtlich nicht eingehalten werden oder
- die Vollstreckungsbehörde durch den Insolvenzplan schlechter gestellt wäre, als sie bei Fortführung des Insolvenzverfahrens stünde.
Neben der ausdrücklichen Ablehnung bei der Abstimmung hat die Vollstreckungsbehörde dem Insolvenzplan spätestens im Abstimmungstermin schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle zu widersprechen (§ 251 InsO). Bei der Zustimmung zu einem Insolvenzplan hat die Vollstreckungsbehörde darauf zu achten, dass die Wiederauflebensklausel des § 255 der Insolvenzordnung nicht ausgeschlossen ist (Absatz 7).
5Die Annahme des Insolvenzplans setzt voraus, dass die Gläubiger beziehungsweise - im Regelfall der Einteilung der Gläubiger in mehrere Gruppen (§ 222 InsO) - die einzelnen Gruppen mehrheitlich (Kopf- und Summenmehrheit) zugestimmt haben (§§ 243, 244 InsO) oder die fehlende Zustimmung einer Abstimmungsgruppe ersetzt worden ist (§ 245 InsO). Der Plan bedarf außerdem der Bestätigung durch das Insolvenzgericht (§ 248 InsO). Die gerichtliche Prüfung umfasst auf Antrag auch die Rechte der Vollstreckungsbehörde, die dem Plan auf Grund ihrer wirtschaftlichen Schlechterstellung nicht zugestimmt und spätestens im Abstimmungstermin widersprochen hat (Minderheitenschutz, § 251 InsO). Die Vollstreckungsbehörde hat die Voraussetzungen des Minderheitenschutzes im Antrag glaubhaft zu machen. Gegen die Entscheidung des Gerichts ist die sofortige Beschwerde zulässig (§ 253 InsO; vgl. Abschnitt 58 Abs. 4).
6Die im bestätigten Insolvenzplan festgelegten Rechtswirkungen treten kraft Gesetzes ein (§ 254 Absatz 1 der Insolvenzordnung). Nach der rechtskräftigen Bestätigung eines Insolvenzplanes und der damit verbundenen Aufhebung des Insolvenzverfahrens ist eine Änderung der Steuerfestsetzung, die zum Wegfall der bereits in der Tabelle und dem Insolvenzplan festgestellten Forderung der Finanzbehörde führen soll, unzulässig. Soweit auf Abgabenforderungen verzichtet wurde, werden diese zu so genannten unvollkommenen Forderungen, die gegenüber dem Schuldner nicht mehr geltend gemacht werden können (Vollstreckungs- und Aufrechnungsverbot). Etwaige Haftungsschuldner können aber weiterhin in Anspruch genommen werden, soweit nicht ein Haftungsausschluss nach § 227 Absatz 2 der Insolvenzordnung in Betracht kommt. § 191 Absatz 5 Nummer 2 der Abgabenordnung ist insoweit nicht anwendbar.
7Die Vollstreckungsstelle hat die Erfüllung des Plans zu überwachen. Hält der Schuldner die Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Vollstreckungsbehörde nicht ein, ist er schriftlich zu mahnen und ihm eine Frist von mindestens zwei Wochen zur Nachentrichtung des Betrags zu setzen (§ 255 Abs. 1 Satz 2 InsO). Wird der Rückstand nicht beglichen, ist die Insolvenzplanstundung oder der Insolvenzplanerlass - vorbehaltlich anders lautender Regelungen im Insolvenzplan - gegenüber der Vollstreckungsbehörde hinfällig. In diesem Fall ist der Schuldner zur Zahlung des gesamten Rückstandes einschließlich der nach dem Plan als erlassen geltenden Beträge aufzufordern. Erforderlichenfalls ist die Vollstreckung wegen der Gesamtrückstände zu veranlassen. Auf Grund der Erkenntnisse aus dem bisherigen Verfahren kommt auch ein erneuter Insolvenzantrag in Betracht.
8Die Vollstreckungsstelle hat darauf zu achten, dass der Insolvenzverwalter die steuerlichen Masseansprüche pflichtgemäß erfüllt beziehungsweise Sicherheit leistet (§ 258 Abs. 2 InsO).
62 Gläubigerausschuss
1Wird im Insolvenzverfahren ein (vorläufiger) Gläubigerausschuss bestellt (§§ 22a, 67 bis 73 InsO) und ist das Insolvenzverfahren für den Insolvenzgläubiger von besonderer Bedeutung, kann die Vollstreckungsbehörde darauf hinwirken, dass die erhebungsberechtigte Körperschaft - vertreten durch die Vollstreckungsbehörde - in den Gläubigerausschuss gewählt wird. Eine besondere Bedeutung kann sich namentlich daraus ergeben, dass erhebliche Abgabenforderungen bestehen und ein Insolvenzplan eingereicht wurde oder aufgestellt werden soll.
2Ist ein Gläubigerausschuss nicht bestellt und liegen Umstände nach Absatz 1 vor, die eine Bestellung als zweckmäßig erscheinen lassen, soll die Vollstreckungsbehörde gegebenenfalls die Bestellung eines Gläubigerausschusses anregen.
63 Verbraucherinsolvenzverfahren
1Bevor ein Schuldner einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen kann, muss er versuchen eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung herbeizuführen (§ 305 Absatz 1 Nummer 1 InsO). Der Versuch gilt als gescheitert, wenn ein Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreibt, nachdem Verhandlungen über die außergerichtliche Schuldenbereinigung aufgenommen wurden (§ 305a InsO). Hat der Schuldner nach dem Scheitern eines außergerichtlichen Einigungsversuches einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens unter Beifügung eines Schuldenbereinigungsplans gestellt (§ 305 InsO), ruht die Entscheidung über den Insolvenzantrag (§ 306 Absatz 1 InsO). Das Insolvenzgericht stellt den vom Schuldner eingereichten Schuldenbereinigungsplan sowie die Vermögensübersicht an die Gläubiger zu, sofern es nicht nach Anhörung des Schuldners zu der Überzeugung gelangt ist, dass der Schuldenbereinigungsplan voraussichtlich nicht angenommen wird (Absatz 4). Die übrigen in § 305 Absatz 1 Nummer 3 der Insolvenzordnung genannten Verzeichnisse werden beim Insolvenzgericht zur Einsicht niedergelegt (§ 307 Absatz 1 InsO).
2Der angenommene Schuldenbereinigungsplan hat die Wirkung eines (Prozess-)Vergleichs im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozessordnung (§ 308 Abs. 1 Satz 2 InsO). Diese Rechtswirkung tritt kraft Gesetzes auch für Abgabenforderungen ein. Stehen der Vollstreckungsbehörde aus dem angenommenen Schuldenbereinigungsplan Zahlungsansprüche oder sonstige Rechte zu, hat sie die im Plan festgelegte Befriedigung zu überwachen. Abgabenansprüche, die nach Ablauf der Notfrist entstanden sind, werden vom Schuldenbereinigungsplan nicht berührt und können uneingeschränkt geltend gemacht werden. Gleiches gilt, wenn der Vollstreckungsbehörde ein Schuldenbereinigungsplan nicht zugestellt wurde und daher keine Möglichkeit zur Mitwirkung bestand (§ 308 Abs. 3 InsO).
3Hat die Vollstreckungsbehörde dem Schuldenbereinigungsplan widersprochen und teilt das Insolvenzgericht mit, dass es beabsichtige, die Zustimmung der Vollstreckungsbehörde zum Schuldenbereinigungsplan zu ersetzen, hat diese die Gründe, die einer Zustimmungsersetzung entgegenstehen (§ 309 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 InsO), dem Gericht vorzutragen und glaubhaft zu machen; gegen den Beschluss des Gerichts ist die sofortige Beschwerde zulässig (§ 309 Abs. 2 InsO; vgl. Abschnitt 58 Abs. 4).
4Das Verfahren über den Eröffnungsantrag wird wieder aufgenommen, wenn das Insolvenzgericht nach Anhörung des Schuldners zu der Überzeugung gelangt, dass der Schuldenbereinigungsplan voraussichtlich nicht angenommen wird (§ 306 Absatz 1 Satz 3 InsO) oder Einwendungen gegen den Schuldenbereinigungsplan erhoben werden, die vom Gericht nicht gemäß § 309 der Insolvenzordnung durch gerichtliche Zustimmung ersetzt werden (§ 311 InsO). Für das Insolvenzverfahren finden grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften Anwendung. Auch ein Insolvenzplan kann durchgeführt werden. Die Regelungen zur Eigenverwaltung gelten jedoch nicht (§ 270 Absatz 1 Satz 3 InsO).
64 Restschuldbefreiung
1Ist ein Antrag auf Restschuldbefreiung zulässig, so stellt das Insolvenzgericht durch Beschluss fest, dass der Schuldner Restschuldbefreiung erlangt, wenn er den Obliegenheiten nach § 295 der Insolvenzordnung nachkommt und die Voraussetzungen für eine Versagung nach den §§ 290, 297 bis 298 der Insolvenzordnung nicht vorliegen (§ 287a Absatz 1 InsO). Liegen Versagungsgründe nach § 290 der Insolvenzordnung vor, so soll die Finanzbehörde bis zum Schlusstermin oder bis zur Entscheidung der Einstellung des Verfahrens wegen Masseunzulänglichkeit die Versagung der Restschuldbefreiung schriftlich beantragen und glaubhaft machen (§ 290 Absatz 2 InsO). Stellt sich nach dem Schlusstermin heraus, dass Versagungsgründe vorlagen, kann ein Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung binnen sechs Monaten nach Kenntniserlangung durch den Gläubiger nachgeholt werden (§ 297a InsO).
2Vollstreckungsmaßnahmen wegen der Insolvenzforderungen in das Vermögen des Schuldners sind in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist unzulässig (§ 294 Absatz 1 InsO). Wird der Vollstreckungsstelle oder einer anderen beteiligten Dienststelle bekannt, dass der Schuldner Obliegenheiten verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt, soll die Vollstreckungsbehörde beim Insolvenzgericht einen schriftlichen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung stellen und ihre Angaben durch entsprechende Unterlagen glaubhaft machen (§§ 295, 296 InsO). Gegen die Entscheidung des Gerichts ist die sofortige Beschwerde gegeben. Unter den Voraussetzungen des § 303 der Insolvenzordnung kann die Restschuldbefreiung widerrufen werden.
3Das Insolvenzgericht entscheidet nach Anhörung der Insolvenzgläubiger, des Insolvenzverwalters oder Treuhänders und des Schuldners durch Beschluss über die Erteilung der Restschuldbefreiung, wenn die Abtretungsfrist ohne vorzeitige Beendigung des Restschuldbefreiungsverfahrens verstrichen ist (§ 300 Absatz 1 Satz 1 InsO). Die Abtretungsfrist kann unter den weiteren Voraussetzungen des § 300 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 der Insolvenzordnung vorzeitig beendet und dem Schuldner die Restschuldbefreiung erteilt werden. Gegen den Beschluss über die Erteilung der Restschuldbefreiung steht den Gläubigern unter den Voraussetzungen des § 300 Absatz 4 der Insolvenzordnung die sofortige Beschwerde zu. Wird die Restschuldbefreiung erteilt, wirkt sie gegen alle Insolvenzgläubiger, auch wenn diese ihre Forderungen nicht angemeldet haben (§ 301 InsO). Die Vollstreckungsbehörde kann deshalb die vom Verfahren betroffenen Abgabenforderungen nicht mehr gegen den Schuldner geltend machen. Haftungs- oder andere Gesamtschuldner können jedoch weiterhin in Anspruch genommen werden (§ 301 Absatz 2 InsO).
4Von der Restschuldbefreiung werden unter anderem Geldstrafen, Geldbußen, Zwangsgelder sowie Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat nach den §§ 370, 373 oder 374 der Abgabenordnung rechtskräftig verurteilt worden ist und die Finanzbehörde die entsprechende Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes gem. § 174 Absatz 2 der Insolvenzordnung angemeldet hat, nicht berührt (§ 302 InsO).
Sechster Teil - Löschung, gewerbe- und berufsrechtliche Verfahren, Maßnahmen nach dem Pass- sowie Aufenthaltsgesetz, Abmeldung von Fahrzeugen von Amts wegen
65 Löschung im Handelsregister oder im Genossenschaftsregister
Während des Vollstreckungsverfahrens ist bei gegebenem Anlass zu prüfen, ob Tatbestände vorliegen, die zur Einleitung eines Verfahrens nach den §§ 393 ff. des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit führen können. Gegebenenfalls ist beim zuständigen Handelsregister die Löschung zu beantragen. Das Registergericht ist darauf hinzuweisen, dass die im Rahmen der Auskunftserteilung übersandten Unterlagen nicht der Akteneinsicht unterliegen (§ 379 Absatz 2 Satz 2 FamFG).
66 Gewerbe- und berufsrechtliche, pass- und ausländerrechtliche Maßnahmen
1Ergibt sich aus der Art der zu vollstreckenden Rückstände, den Umständen ihres Entstehens, ihrer Höhe oder aus Eigenschaften der zur Vertretung berechtigten Person (vgl. § 45 GewO), dass Unzuverlässigkeit in gewerbe- oder berufsrechtlichem Sinne vorliegt, sind bei der zuständigen Behörde
- die Untersagung der Ausübung eines Gewerbes oder
- die Rücknahme oder der Widerruf einer gewerberechtlichen Erlaubnis oder ähnliche gewerberechtliche Maßnahmen oder
- ein berufsrechtliches Verfahren
anzuregen.
2Ist der Vollstreckungsschuldner eine ausländische natürliche Person, so ist, gegebenenfalls neben den Maßnahmen nach Absatz 1, die zuständige Ausländerbehörde nach § 87 Abs. 2 Nr. 3 des Aufenthaltgesetzes über den Ausweisungsgrund (§ 55 Abs. 1 in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 2 des Aufenthaltsgesetzes) zu unterrichten und zu bitten, die Möglichkeit einer Ausweisung zu prüfen. Die für eine Ausweisung nach dem Aufenthaltgesetz erforderlichen Daten sind nach Maßgabe des § 88 Abs. 3 des Aufenthaltgesetzes mitzuteilen.
3Rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass eine natürliche Person versucht, sich durch Verlassen des Geltungsbereichs der Abgabenordnung Vollstreckungsmaßnahmen zu entziehen, oder ist dies bereits eingetreten, so ist die jeweils zuständige Behörde um Entziehung des Passes nach § 7 Absatz 1 Nummer 4 und § 8 des Passgesetzes, um die Anordnung nach § 6 Absatz 7 des Personalausweisgesetzes oder um Erlass eines Ausreiseverbots nach § 46 Absatz 2 in Verbindung mit § 88 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zu ersuchen. Hält sich der Vollstreckungsschuldner im Ausland auf, so kann die zuständige deutsche diplomatische Vertretung als Passbehörde ersucht werden, die Gültigkeit des Reisepasses des Vollstreckungsschuldners dahin zu beschränken, dass er nur für die Rückreise in die Bundesrepublik Deutschland gültig ist.
67 Abmeldung von Fahrzeugen von Amts wegen
Bei der Vollstreckung wegen Kraftfahrzeugsteuer kann die Abmeldung eines Fahrzeugs nach § 14 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes betrieben werden. Die Abmeldung soll in der Regel erst nach einem erfolglosen Vollstreckungsversuch erfolgen; abweichend hiervon kann das Abmeldungsverfahren bereits nach der ersten erfolglosen Mahnung eingeleitet werden, wenn der Vollstreckungsschuldner die Kraftfahrzeugsteuer wiederholt erst nach Beginn der Vollstreckung entrichtet hat oder feststeht, dass die Vollstreckung keinen Erfolg verspricht.
Siebenter Teil - Schlussvorschriften
68 Inkrafttreten
Diese allgemeine Verwaltungsvorschrift tritt am 1. März 1980 in Kraft.
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